Mit einem neuen Gesetz sollen mehr gemeinnützige Stiftungen in Österreich entstehen. Das hat auch Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft, hat Richard Solder recherchiert.
Der Bereich der gemeinnützigen Stiftungen in Österreich wird in den kommenden Jahren in Bewegung kommen. Anfang Jänner trat ein Gesetzespaket in Kraft, das steuerliche Begünstigungen schafft.
Derzeit sind drei Viertel der bestehenden Stiftungen in Österreich eigennützige Privatstiftungen. In Deutschland und der Schweiz werden gemeinnützige Stiftungen seit Langem gefördert. Viele heimische Wohlhabende mit gemeinnützigem Interesse investierten ihr Geld daher oft in den zwei Nachbarstaaten. Dieses Potenzial will die Regierung stärker ausschöpfen. Werden hierzulande bisher jährlich bis 25 Millionen Euro für gemeinnützige Stiftungen ausgeschüttet, sollen es nach dem Plan von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner 2016 schon 100 Millionen sein.
Der Verband für gemeinnütziges Stiften begrüßt das neue Gesetz. Laut Geschäftsführerin Petra Navara sei es allerdings noch „etwas zaghaft“, etwa wegen der Obergrenze von 500.000 Euro, die über fünf Jahre steuerlich geltend gemacht werden dürfen. Das Finanzministerium will damit verhindern, dass der Steuerentgang mehr als 50 Mio. Euro ausmacht. Nach fünf Jahren sollen die Auswirkungen des Gesetzes evaluiert werden.
Das Gesetzespaket zur Förderung von Gemeinnützigkeit vereinfacht die Gründung gemeinnütziger Stiftungen und weitet die Absetzbarkeit von Spenden und Zuwendungen aus. Bisher gibt es in Österreich deutlich mehr eigennützige als gemeinnützige Stiftungen. Die meisten gemeinnützigen investieren in die Bereiche Soziale Dienste sowie Bildung & Forschung. Auch Kultur, Sport und Erholung ist für Stifterinnen und Stifter besonders interessant. Internationale Projekte werden hingegen selten finanziert. Das Umwelt-Thema spielt bisher ebenso keine große Rolle. sol
Transparent genug? Wolfgang Zinggl von den Grünen steht dem neuen Gesetz grundsätzlich positiv gegenüber, gibt sich jedoch auch kritisch: Er wünscht sich bessere Prüfungen der Aktivitäten der Stiftungen. Stifterinnen und Stifter müssten stärker spüren, dass sie kontrolliert werden. „Sonst wird dem Missbrauch die Tür geöffnet“, betont der Politiker gegenüber dem Südwind-Magazin. In Deutschland etwa gäbe es unter anderem den Fall der gemeinnützigen Bertelsmann-Stiftung, die deutlich eigennützige Zwecke verfolge und das Freihandelsabkommen TTIP unterstütze.
Navara kennt solche Befürchtungen. Das habe nicht zuletzt damit zu tun, dass Stiftungen in Österreich ein schlechtes Image haben. Gemeinnützige Stiftungen seien künftig genauso transparent wie Vereine. „Da braucht es einen Vertrauensvorschuss“, fordert sie.
Für gemeinnützige Stiftungen spreche das langfristige Engagement, so Navara. Zudem seien Stifterinnen und Stifter oft in gesellschaftlichen Nischen aktiv und können mit innovativen Alternativen experimentieren.
Dass gemeinnützige Stiftungen zukünftig im entwicklungspolitischen Bereich im großen Stile aktiv werden, erwartet Navara nicht: „Der globale Süden ist zu weit weg.“
Privat versus Staat. Bringen gemeinnützige Stiftungen Entlastung für den Staat oder übernehmen sie mehr und mehr seine Aufgaben? „Privates Geld darf nicht Ausfallshaftung für den Staat sein“, betont Navara.
Zinggl sieht Stiftungen im Idealfall dort im Einsatz, wo der Staat überfordert ist, z.B. beim Management der Flüchtlinge. Er warnt aber generell vor einer „Entledigung des Staates“. Dem Grünen-Politiker fehlt eine klare offizielle Definition, was Gemeinnützigkeit einschließt. Der Zeitpunkt, um darüber zu diskutieren, wäre jedenfalls nun gegeben.
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