Gespräche mit asiatischen Frauen in Wien
Edition Roesner, Wien 2005, 276 Seiten, EUR 25,30
„Vielleicht ist dieses Buch nur zustande gekommen, weil ich zuhören wollte“, beschreibt Maxie Wander in einer Kurzformel den Entstehungsprozess ihres Buches über Frauen in der DDR. Dieses Buch diente der Autorin des vorliegenden Bandes als Vorbild, ebenso identifiziert sie sich mit der Erklärung vom Zuhören-Wollen der in Österreich geborenen, später nach Ostdeutschland übersiedelten Autorin.
In Wien leben rund 40.000 Frauen asiatischer Herkunft, teilweise bereits mit österreichischer Staatsbürgerschaft; die Hälfte von ihnen sind Türkinnen. Edith Binderhofer, Germanistin und Zeithistorikerin, längere Zeit Bildungsreferentin am Afro-Asiatischen Institut in Wien, hat mit 16 von ihnen längere Gespräche geführt und diese aufgezeichnet: Erzählungen über ihre Schwierigkeiten mit dem Leben in einer vielfach unbekannten Kultur, Reflexionen über dieses neue Leben, über die Rezeption als ausländische Frau in der österreichischen Gesellschaft. „LebensGeschichten“ ist denn auch der Untertitel des Buches.
Gleichzeitig erfährt die Zuhörerin viel über Frauenleben in den Herkunftsländern – und erkennt, dass Frauenprobleme nicht nur länder- und kulturspezifisch bedingt, sondern globaler Natur sind.
Die Anfangsprobleme der asiatischen Frauen in Wien sind sehr ähnlich. An vorderster Front stehen die Schwierigkeiten mit der individualistisch geprägten westlichen Kultur, das Gefühl von Fremdsein, von Heimweh, die Isolierung, Erfahrungen mit Fremdenfeindlichkeit. Mit zunehmender Aufenthaltsdauer und Integration treten dann aber auch positive Erfahrungen in den Vordergrund: das Kennenlernen von Menschen aus anderen Kulturen in der multikulturellen Großstadt, mehr Freiheiten und mehr Möglichkeiten zur individuellen Entfaltung, Gewinnen von Selbstbewusstsein und Selbständigkeit.
Diese Lebensgeschichten sind eigentlich jedem zu empfehlen, Leserinnen und Lesern, Menschen mit Offenheit und Neugier, mit Wissensdurst und kulturellem Interesse. Und vor allem den leider nicht wenigen Menschen mit Vorurteilen, mit Klischeebildern – aber die werden dieses Buch wahrscheinlich nicht einmal in die Hand nehmen.