Brücken zwischen Nord und Süd
Verlag Christian Brandstätter, Wien 2003, 112 Seiten, 70 Abb., EUR 29,-
Man sollte sie bei stimmungsvoller Musik anhören, vielleicht noch verstärkt durch den Duft tropischer Früchte oder den Geruch der Meeresküste. Die Gedichte von Dorothea Nürnberg, flüchtige aber nicht flache Impressionen aus den Ländern des Südens oder poetische Reflexionen über die Welt, wie sie ist, aber nicht sein sollte, verlangen nach Inszenierung.
Die Poetin entführt uns in ihre Welt, die ihre Faszination nicht durch platte Exotik ausübt, sondern durch einen anderen Zugang zum Leben. Naturgeister und indianische Mystik sprechen aus den oft nur wenige Zeilen langen Strophen, Globalisierungskritik wird durch Kontraste ausgedrückt, die für sich sprechen.
Die lyrischen Pinselstriche der Autorin und die Fotos von Christian Mazal könnten jeweils für sich stehen, ohne an Aussagekraft zu verlieren. Die Gedichte sind keine Beschreibung der Bilder und die Fotos keine Illustration der Texte. Dennoch ergänzen sie einander auf unaufdringliche Weise. Es sind unspektakuläre, aber stimmungsvolle Bilder aus dem Alltag der Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika, aufgenommen nicht mit dem Auge des Voyeurs, das sich am pittoresken Elend ergötzt, sondern mit der Linse eines Partners, die die Würde der Menschen auch in den miserabelsten Lebensumständen zum Vorschein bringt: Arbeitsalltag, Feste, Riten, Gesichter, Landschaften.
Fotograf und Dichterin verstehen sich als Vermittler zwischen den Kulturen. Dorothea Nürnberg, die sich im brasilianischen Amazonasgebiet am wohlsten fühlt, spricht von „Impressionen, die Brücken bauen“, die „zur Quelle dieser einen ungeteilten, unteilbaren Welt – der schwesterlich-brüderlichen Zusammengehörigkeit“ führen sollen.