Die unsichtbaren Kämpferinnen

Von Robert Lessmann · · 2010/03

Maria Hörtner

Sachbuch. PapyRossa Verlag, Köln 2009, 186 Seiten, € 18,50

Der Titel verweist darauf, dass es sich hier um ein weithin unbearbeitetes Feld handelt: Frauen im Krieg – und zwar nicht als passive Opfer, sondern als Kämpferinnen. Schauplatz ist Kolumbien, wo seit fast einem halben Jahrhundert ein Bürgerkrieg herrscht, der wohl 70.000 Todesopfer gefordert hat und 3,4 Millionen Binnenflüchtlinge (von einer Gesamtbevölkerung von 42 Millionen). Das Buch ist aus feministischer Perspektive geschrieben, die über den üblichen Symbolismus (BürgerInnenkrieg) hinaus geht: Es geht um die Kämpferinnen der Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia (FARC-EP), des Ejercito de la Liberación Nacional (ELN) und der Paramilitärs (AUC), ihre Stellung innerhalb der bewaffneten Gruppen und ihre Reintegration in die kolumbianische Gesellschaft. Ein extrem heikler Kontext.

Hörtner konnte Interviews mit ehemaligen Kämpferinnen führen, deren Namen verborgen bleiben müssen, denn auf Desertion steht jeweils die Todesstrafe. Hier liegt die große Stärke des Buches. Und zugleich seine Schwäche: Nur insgesamt sechs Frauen wurden (das allerdings intensiv!) interviewt: Vier ehemalige Kämpferinnen der FARC, eine der ELN und eine der AUC.

Da werden SozialwissenschaftlerInnen die „Stichprobengröße“ bemängeln. Trotzdem bietet das Buch interessante Einblicke in das Innenleben der bewaffneten Gruppen, wobei Fragen der Rangordnung und die Stellung der Frauen darin sowie der weiblichen Sexualität (Partnerschaften, Verhütung, Schwangerschaft und Kinderkriegen, Geschlechtskrankheiten, HIV) im Vordergrund stehen. Hier herrschen je nach Organisation unterschiedliche Bedingungen, und wer mit den Verhältnissen in Kolumbien bereits vertraut ist, wird sich nicht wundern, dass bei den „Paras“ zum Teil extrem frauenfeindliche, menschenverachtende und brutale Verhältnisse herrschen.

Besonders aufschlussreich sind die Erfahrungen „demobilisierter“ Frauen. Das Buch vermittelt Einblicke in solche „DDR-Prozesse“ (disarmament, demobilization, reintegration), in die Militärgeschichte aus feministischer Perspektive (in der Roten Armee kämpften 800.000 – 1.000.000 Frauen), in die Geschichte des kolumbianischen Konflikts sowie Geschichte und Struktur der involvierten Gruppen.

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