Afia Owusu unterstützt in Ghana Kakaobäuerinnen und -bauern auf dem Weg zum nachhaltigen Anbau. Es geht um die Zukunft der Schokolade.
"Schokolade wird es immer geben!“, ist sich Afia Owusu sicher und fügt hinzu: „Aber wird es echte Kakaobohnenschokolade sein oder ein chemisches Gemisch? Wenn wir weiterhin echte Schokolade essen wollen, müssten wir etwas tun“, meint die Fachfrau für nachhaltigen Kakaoanbau. Sie ist nach Europa gereist, um auf die miserable Situation in Ghanas Kakaosektor aufmerksam zu machen. Ghana ist weltweit zweitgrößter Lieferant von Rohkakao und produziert etwa ein Fünftel der Menge, die auf dem Weltmarkt verkauft wird.
Doch Ghanas Kakaosektor, nach Gold der zweitgrößte Devisenbringer des Landes, kämpft mit einer Vielzahl von Problemen: Der Preis für Kakao ist niedrig, die Bauernschaft ist schlecht ausgebildet. Es gibt zu wenig Zugang zu Information und Krediten. Nicht nur die Straßen, auch die Versorgung mit anderer Infrastruktur wie etwa Gesundheitsdiensten ist mangelhaft.
Nur etwa die Hälfte der Menschen, die die Knochenarbeit machen, seien auch EigentümerInnen ihrer Farmen, erklärt Afia Owusu: „Der Besitz von Kakaofarmen wird vererbt. Es gibt viele abwesende Farmeigentümer, die ganz andere Dinge tun, vielleicht in der Stadt oder in Europa leben. Sie kommen am Ende der Saison, um die Bohnen zu holen und zu verkaufen. Was die Bauern, die die harte Arbeit machen, bekommen, ist wirklich minimal.“
Das war nicht immer so. Kakao war in der ehemaligen britischen Kolonie Goldküste der Motor der kolonialen Wirtschaft und die wichtigste Cash Crop (Anbaufrucht für den Export, mit der Geld verdient werden kann). Bereits 1911 war die Goldküste weltweit führender Kakao-Exporteur. Kräftig gefördert wurde der Kakaoanbau von der Basler Mission, aus der 1926 die Presbyterian Church of Ghana hervorgegangen ist. Die Handelsbedingungen für Kakao waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts so günstig, dass einzelne Basler Missionare fürchteten, die hohen Einkommen würden den Charakter der Einheimischen verderben.
Damals, erzählt Owusu, wurden Kakaobauern als sehr erfolgreiche Personen angesehen. Sie galten als reich und konnten ihren Kindern die beste Erziehung ermöglichen.
In der Gegenwart leidet der Kakaosektor unter den starken Schwankungen des Weltmarktpreises. Seit dessen Niedergang in den 1980er Jahren habe sich im Kakaosektor viel zum Schlechten verändert. Owusu: „Kakao wurde vernachlässigt, man hat ihm keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt und andere Einkommensmöglichkeiten gesucht.“
Geblieben ist das Cocoa Marketing Board (CMB), heute dem Finanzministerium unterstellt, das Ghanas Kakao monopolartig zu festgelegten Preisen aufkauft. „Im Grunde ist es das Gleiche wie in kolonialen Zeiten, allerdings ein wenig liberalisiert. Lokale Firmen kaufen Kakao von den Bauern um den mit dem CMB ausgehandelten Preis“, erklärt Owusu.
Und damals wie heute gibt es Klagen, dass der vom CMB bezahlte Preis zu niedrig ist.
Afia Owusu: „Die Kakaobauern sind nicht mehr so stolz wie sie es früher waren. Es gibt viele Klagen und Beschwerden über ihre Arbeits- und Lebensbedingungen, über fehlende Einrichtungen.“
Von der Leidenschaft für Schokolade in reichen Ländern und zunehmend auch in Schwellenländern sind Ghanas Kakaobäuerinnen und -bauern unberührt. „Für sie ist Kakao ein Mittel zum Zweck, eine Einkommensquelle. Es gibt auch heute noch Bauern, die nie in ihrem Leben Schokolade gesehen haben. Es ist ihnen egal, ob es Schokolade gibt oder nicht.“
Alte Kakao-Bäume, hohes Durchschnittsalter der Kakaobauern und fehlendes Interesse der Jugend angesichts der harten Arbeit und der geringen Verdienstmöglichkeiten: „All das zusammengenommen kann dazu führen, dass wir in 10 bis 15 Jahren keinen Kakao mehr bekommen, wenn wir uns nicht um diese Dinge kümmern“, warnt -Owusu. Schließlich könnten auf den Farmen im Kakaogürtel landwirtschaftliche Produkte hergestellt werden, die weniger Arbeit und mehr Profit bedeuten, wie Kochbananen, Cassava, Mais oder Palmöl.
Um Verbesserungen im Kakaosektor zu bewirken, hält Afia Owusu einen umfassenden Ansatz für notwendig. Ghanas Regierung sollte den Kakaosektor wieder zur Priorität erklären. Sie habe ihn angesichts der hohen Erwartungen in die Erdölförderung vernachlässigt.
Bauern, die zertifizierten Kakao verkaufen wie etwa unter dem Fairtrade-Siegel, stünden insgesamt besser da. Allerdings seien nicht einmal 20 Prozent des ghanaischen Kakaos zertifiziert. Zertifizierungen sollten vereinheitlicht, das Verfahren einfacher und die Gebühren niedriger werden. Das Argument, man solle nicht gleich alle an Bord kommen lassen, sondern erst prüfen, ob der Markt für zertifizierten Kakao gegeben ist, hält sie für „total falsch“. Ihr geht es um alle Kakaobäuerinnen und -bauern Ghanas: „Wir müssen den ganzen Sektor nachhaltig machen und erhalten.“ Ihre Organisation setzt sich für einen Nachhaltigkeitsfonds ein. In diesen solle die Industrie zum Beispiel ein US-Dollar für jeden gekauften Sack Kakao einbezahlen.
Und schließlich die KonsumentInnen: Sie können Druck auf die Schokolade-Industrie machen, dass die Bäuerinnen und Bauern besser bezahlt werden.
Afia Owusu, Fachfrau für nachhaltigen Kakaoanbau, ist für die African Cocoa Coalition (ACC) und die lokale Organisation Cocoa Organic Farmers Association (COFA) in Ghana tätig.
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