Diana Jembuel ist preisgekrönte Journalistin. Anstatt in einer Redaktion zu arbeiten, schult sie lieber die nachkommenden Generationen.
Die Tasche für die Reise in den kolumbianischen Süden ist schon gepackt. „Morgen geht es los. Eine Woche wird das Seminar dauern, das wir in Putumayo mit indigenen Anführer:innen machen“, erklärt Diana Jembuel mit einem optimistischen Lächeln. Die 39-Jährige hat gute Laune, denn seit einem Monat ist sie wieder frei. Die letzten beiden Jahre als Generalsekretärin des Cabildo, der indigenen Selbstverwaltung, waren hart. Zwei Jahre, in denen sie viel Papierkram, viele Diskussionen zu bewältigen hatte.
Nun ist die Amtsperiode vorbei, sie kann wieder das machen, was sie will: Seminare geben, Artikel schreiben, Journalismus unterrichten. Drei Dinge, für die die quirlige, muntere Frau brennt: „Schon als kleines Mädchen ist mir aufgefallen wie diskriminierend über uns indigene Menschen in den Medien geredet und berichtet wurde – wir waren ‚die aus dem Dschungel‘. Das hat mich verletzt. Fortan habe ich mir gewünscht eines Tages dazu beizutragen dieses Stigma aufzulösen“, sagt Jembuel.
Früher Start. Den Steilpass dazu hat ihr ihre Mutter geliefert. Alle drei Töchter schickte die resolute Frau als Jugendliche zum Lokalsender Namuy Wam Estéreo in Silvia. Die kleine Stadt im Verwaltungsbezirk Cauca, einem der gefährlichsten Kolumbiens, liegt rund zwei Fahrtstunden südlich der Millionenmetropole Cali und ist so etwas wie die inoffizielle Hauptstadt der Misak.
Die indigene Gemeinschaft ist eine von elf im multiethnischen Cauca. In Silvia ist Diana Jembuel geboren und aufgewachsen. Dort hat sie am Mikrofon, in den Workshops und Diskussionen mit den Älteren die ersten Eindrücke von der Arbeit in einem Lokalsender erhalten und wollte mehr. Medienkurse in Popayán und Santander de Quilichao, den beiden größten Städten der Region, folgten und schließlich 2012, dank eines Stipendiums, das Journalismusstudium in Bogotá. An der renommierten Universidad Externado absolvierte die meist in traditioneller Tracht der Misak gekleidete Frau ihren Bachelor-Abschluss.
Danach blieb Jembuel in der Hauptstadt, arbeitete als freie Journalistin und für die indigene Jurist:innen-Organisation Akubadaura als Presseverantwortliche. „Ich wollte wissen wie es ist, als Indigene in einer Organisation zu arbeiten, Verantwortung übernehmen, mich ausprobieren. Danach habe ich meinen Master gemacht“, erklärt sie zufrieden. Parallel dazu hat sie Reportagen aus dem indigenen Alltag für die Online-Plattform Chakana News und andere Medien publiziert.
Für ihre Video-, Podcast- und Print-Berichterstattung wurde sie vom staatlichen Fernsehsender RTVC als beste indigene Journalistin Kolumbiens 2020 ausgezeichnet, selbst das Pulitzer-Center wurde auf sie aufmerksam.
Aus Überzeugung. Trotzdem ging die Mutter zweier mittlerweile fast erwachsener Kinder zurück in ihre Gemeinde und engagiert sich bis heute für die Stärkung der indigenen Strukturen, sowie die Schulung des Nachwuchses.
„Ich arbeite als Beraterin der ersten indigenen Presseagentur ‚Agenda Propia‘, organisiere Workshops, halte Vorträge über die Rolle indigener Medien an Universitäten und nehme an Kongressen teil, wo es um den Aufbau und die Verbesserung unserer Netzwerke geht“, erklärt sie.
Im April war sie in Washington, D.C., wo sie fünf Wochen an einem Medienseminar teilnahm, ihre Kontakte in den USA und Lateinamerika ausbaute und neue Medienprojekte plante.
Pädagogische Netzwerkerin. Die Fort- und Weiterbildung und das Netzwerken im medialen Bereich sind heute ihre Steckenpferde. Während der Covid-Pandemie hat sie mit anderen Aktivist:innen landesweite Zoom-Kurse initiiert und Jugendlichen beigebracht, wie sich Mobiltelefone journalistisch nutzen lassen.
Typisch für Jembuel, die auch für die Zukunft viel vorhat: „Wir planen mit Agenda Propia ein eigenes Büro in Bogotá aufzubauen und irgendwann will ich meine Doktorarbeit schreiben“. Das Thema wird zwar noch nicht verraten. Doch sicher ist, dass es etwas mit dem Aufbau indigener medialer Strukturen zu tun haben wird.
Knut Henkel ist Politikwissenschaftler und freiberuflicher Journalist mit Schwerpunkt Entwicklungspolitik. Im Februar war er auf Recherche in Kolumbien, wo er auch Diana Jembuel zum Interview traf.
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