Die Hilfe vor Ort ist bisher Wahlkampfrhetorik geblieben. Eine Kritik.
Von Maria Katharina Moser
In diesem Sommer wird sie – angesichts der Debatten um die Seenotrettung durch Nichtregierungsorganisationen – von Österreichs Politikern und Politikerinnen wieder beschworen: die Hilfe vor Ort. Allein, geleistet wird sie, nun sagen wir: marginal. Im Wahlkampf 2017 hatte die türkise ÖVP noch mit der Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds auf 60 Millionen Euro geworben. 2018 war das Wahlkampfversprechen vergessen. Die türkis-blaue Bundesregierung hat lediglich 23 Millionen Euro für humanitäre Hilfe bereitgestellt – davon 20 Millionen aus dem Auslandskatastrophenfonds. Im internationalen Vergleich ein Witz: Die Niederlande zahlten 245 Millionen, Schweden sogar 434 Millionen Euro.
Leere Töpfe. Vor Ort bedeutet das Unsicherheit – sowohl für die betroffenen Menschen als auch für die Hilfsorganisationen. Im Libanon zum Beispiel, einem Land in etwa so groß wie Oberösterreich mit ca. 6 Millionen EinwohnerInnen, das 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen hat. Mit 2 Millionen Euro im Jahr konnte IOCC (International Christian Orthodox Charities), eine Partnerorganisation der Diakonie Katastrophenhilfe, vier Nachbarschaftsküchen betreiben. 650 Familien wurden drei Mal pro Woche mit einer warmen Mahlzeit versorgt – und zwar sowohl syrische als auch libanesische Familien, um gute Nachbarschaft und Zusammenhalt zwischen Geflüchteten und Einheimischen zu unterstützen. Jetzt bleiben die Öfen kalt und die Töpfe leer. Öffentliche Mittel und Spenden sind versiegt.
Maria Katharina Moser ist Direktorin der Diakonie Österreich.
„Die Syrien-Krise dauert nun schon acht Jahre. Die Geberländer fragen sich, warum sie immer noch im Libanon tätig sein sollen. Aber die Bedingungen hier verschärfen sich“, betont Ruba Khoury, Leiterin von IOCC Libanon. Der IS in Syrien ist zurückgedrängt, die Medien berichten nicht mehr von Bomben und Krieg. Aber die Flüchtlinge können nicht zurück, Syrien ist – noch? – nicht sicher für sie. „Es gibt so viele Krisen auf der Welt. Wir machen uns große Sorgen, dass die internationale Gemeinschaft den Libanon und die syrischen Flüchtlinge hier vergisst“, so Khoury.
Erinnerungen an 2014/2015. Wir erinnern uns: Im Winter 2014 brach der Hunger in den Flüchtlingslagern aus. Die Vereinten Nationen mussten ihre Lebensmittelhilfe für Flüchtlinge in Syrien, dem Libanon und der Türkei wegen Geldmangels reduzieren. Die Unterstützung in Syrien wurde um 40 Prozent gesenkt, die Hungerhilfe für 1,7 Millionen Flüchtlinge in den Nachbarstaaten Syriens wurde eingestellt. Im Frühling darauf, sobald es das Wetter zuließ, machten sich die Menschen auf den Weg nach Europa.
Man kann es nicht oft genug sagen: Der Auslandskatastrophenfonds muss aufgestockt, das Entwicklungszusammenarbeitsbudget von aktuell beschämenden 0,26 Prozent auf das UNO-Ziel von 0,7 Prozent des BIP angehoben werden. Die Hilfe vor Ort ist entscheidend. Sie darf nicht Rhetorik bleiben.
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