Die Gleichheit und das Gute Leben

Von Werner Hörtner · · 2011/02

Die britischen Wissenschaftler Kate Pickett und Richard Wilkinson kamen bei ihren Forschungen zu ganz ähnlichen Ergebnissen, wie sie die indigenen Andenvölker schon vor Jahrhunderten lebten.

Als Ergebnis langjähriger Forschungen – zuerst im Gesundheitsbereich, dann im sozialen Kontext – kam das britische Autorenpaar zu folgendem Befund: Wenn wir anerkennen, dass ein noch höherer Lebensstandard uns kaum noch etwas nützen kann, dann müssten wir folglich nach völlig neuen Wegen suchen, um unsere Lebensqualität zu verbessern. Und den Untersuchungen von Pickett und Wilkinson zufolge ist der Abbau von Ungleichheit der beste Weg zur Verbesserung unserer sozialen Lebenswelt und damit auch unserer Lebensqualität. Mit anderen Worten: Die sozialen Beziehungen verfallen umso mehr, je stärker eine Gesellschaft von Ungleichheit geprägt ist.

Ihre These von den schädlichen Auswirkungen der gesellschaftlichen Ungleichheit überträgt das Autorenpaar, wiederum belegt durch zahlreiche Studien, auch auf andere Politikfelder. Demnach wirkt sich die Ungleichheit nicht nur auf die zwischenmenschlichen Beziehungen und das gegenseitige Vertrauen nachteilig aus, sondern auch auf den sozialen Status der Frau, auf den gesellschaftlichen Zusammenhang (Solidarität), auf die Spendenbereitschaft der Bevölkerung inkl. der Regierungen (Stichwort Entwicklungshilfe). Auch die schädigenden Einflüsse auf die seelische und körperliche Gesundheit sind offenkundig.

Die in diesem Buch mit vielen Studien belegten negativen Auswirkungen von Ungleichheit auf das Gesellschaftsgefüge werden einen aufmerksamen Beobachter, eine aufmerksame Beobachterin des Zeitgeschehens nicht überraschen. Erstaunlich erscheint jedoch die Tatsache, dass die Pflege von Freundschaften und sozialen Beziehungen zu den genau entgegensetzten Folgen führt. Sie fördern das Prinzip der Gegenseitigkeit, des Ausgleichs, der Zusammenarbeit und der Anerkennung der Bedürfnisse der Mitmenschen. Zu diesen Erkenntnissen sind die Völker der südamerikanischen Anden mit ihrem Konzept des „Guten Lebens“ und viele andere indigene Völker des Planeten Erde schon vor Jahrhunderten gekommen.

Richard Wilkinson, Kate Pickett: Gleichheit ist Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind. Sachbuch. Aus dem Englischen von Edgar Peinelt und Klaus Binder. Tolkemitt Verlag, Berlin 2010, 290 Seiten, € 19,90. Erhältlich nur bei Zweitausendeins.

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