Seit sieben Jahren bin ich in Österreich und mache alles, um mich gut zu integrieren.
Ich habe das Gefühl, vieles hier gut hinbekommen zu haben: Ich kann Deutsch, habe österreichische Freund*innen, ein Unternehmen sowie eine Anstellung und darf jetzt die Staatsbürgerschaft beantragen. Wenn ich nach Auslandsreisen nach Österreich zurückkomme, freue ich mich.
Trotz alledem musste ich auch lernen, dass Integration ihre Grenzen hat: Immer noch werde ich dauernd gefragt, woher ich komme. Offenbar weil ich anders aussehe und einen Akzent habe. Damit kann ich leben, aber es macht mich traurig, denn das kann ich beim besten Willen nicht ändern.
Noch mehr schmerzt es mich, gefragt zu werden, wann ich nach Syrien zurückgehe. Denn: Wenn ich die Anwesenheit von jemandem schätze, schaue ich dann auf die Uhr und frage ihn, wann es Zeit ist für ihn oder sie zu gehen? Diese Frage gibt mir das Gefühl, dass ich hier nicht willkommen bin. Ich komme ja auch nicht auf die Idee, einen Menschen mit Tiroler Dialekt, der woanders lebt, zu fragen, wann er oder sie wieder nach Tirol zurückgeht.
Gut tut es mir tatsächlich, wenn jemand wirklich wissen will, wie es mir geht. Manchmal würde ich vielleicht darauf antworten: Ich habe Heimweh! Kein anderer Ort der Welt als der, von dem du kommst, vermag dir dieses Gefühl zu geben. Ab und an beneide ich Menschen aus Rumänien oder Kroatien, die kurz mal auf Urlaub nach Hause fahren können. Das kann ich nicht. Würde ich syrisches Land betreten, würde ich meine Aufenthaltsberechtigung in Österreich verlieren und wäre vom syrischen Regime bedroht.
Also, wer will, fragt mich lieber, wie es mir geht, als woher ich komme oder wann ich dorthin zurückgehe …
Ahmad Ibesh, 27, kommt aus Aleppo in Syrien. Als er mit 19 in die Armee sollte, floh er in die Türkei und kam 2015 nach Österreich. Seither lebt er als Schneider von seinem Label „Herzgenäht“ (vgl. Rubrik „Lokalaugenschein“, Südwind-Magazin 7-8/2020) und neuerdings als Verkäufer in einem Möbelhaus in Kärnten.
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