„Deutlich geringere Erwartung“

Von Redaktion · · 2012/05

Gegenüber dem „Erdgipfel“ vor 20 Jahren erwarten sich die Nichtregierungsorganisationen vorsichtshalber nicht zu viel von „Rio + 20“. Werner Hörtner sprach mit Alexander Egit, dem Geschäftsführer von Greenpeace Österreich.

Südwind-Magazin: Wissen Sie schon, welche Politiker zur heurigen Konferenz nach Rio reisen werden?
Alexander Egit:
Minister Berlakovich ist Delegationsleiter; ob Bundeskanzler Faymann mitfahren wird, ist noch nicht klar. Gemessen an der Bedeutung, die solch eine Konferenz eigentlich haben sollte, werden ohnehin wenige Staats- und Regierungschefs nach Rio fahren, und davon nur wenige Europäer. Obama kommt auch nicht hin.

Und seitens der Nichtregierungsorganisationen?
Ich vertrete die Umweltorganisationen in Rio, Werner Raza, der neue Leiter der ÖFSE, wird auch hinfahren. In der österreichischen Delegation gibt es nur diese beiden Plätze für NGOs.

Wird die EU in Rio eine einheitliche Position vertreten?
Man ist gerade dabei, das festzulegen. Einige Grundsatzpositionen stehen aber jetzt schon fest. Zum Beispiel wird die EU dem Plan zustimmen, die UN-Umweltorganisation UNEP in eine eigenständige UN-Organisation umzuwandeln.

Was erwarten Sie sich von dieser Mammutkonferenz? Die Staatenpositionen sind ja schon ziemlich klar abgesteckt. Ist es möglich, dass die zivilgesellschaftlichen Bewegungen die offizielle Konferenz noch zu wesentlichen Zugeständnissen bringen werden?
Gemessen an der Konferenz vor 20 Jahren, wo über globale Umweltverträge gesprochen wurde und auch einige wichtige Punkte vereinbart worden sind, ist unsere Erwartung diesmal deutlich geringer. Neben der schon erwähnten Aufwertung des UNEP wäre es wichtig, den Subventionen für Umweltzerstörung global den Kampf anzusagen. Wir gehen davon aus, dass derzeit an die 1.000 Milliarden US-Dollar jährlich in schmutzige Energien gesteckt werden, etwa die Förderung von Ölgewinnung und des Kohleabbaus usw. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Meeresschutz. In diesem Bereich soll es ein Durchführungsabkommen zur Seerechtskonvention von 1982 geben.

Seitens der zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bewegungen wurden alle möglichen Themen in den Forderungskatalog aufgenommen – nicht nur Umwelt- und Klimaschutz, sondern auch Menschenrechte, gerechter Welthandel, einklagbare Unternehmensverantwortung usw. Ist das nicht eine Überfrachtung?
Das glaube ich nicht. Es ist wohl ein berechtigter Anspruch an die Politik, diese globalen Probleme anzugehen. Zu glauben, die Konferenz von Rio würde diese Probleme lösen, ist einfach naiv. Unsere Ansprüche an die Politik müssen dennoch weiter hoch bleiben.

Ist absehbar, dass sich innerhalb der Staatengemeinschaft verschiedene Blöcke bilden werden, wie etwa bei der Klimakonferenz in Kopenhagen?
Ich glaube nicht, oder zumindest nicht so stark. Beim Thema Klimaschutz sind die Fronten deutlicher, was aber bei den Themen in Rio nicht der Fall ist. Wir dürfen nicht vergessen: Es geht ja in Rio nicht um einen Vertrag, der abgeschlossen werden soll, sondern es geht vielmehr um Prozesse, etwa den Abbau der umweltschädigenden Subventionen.

Angenommen, die Konferenz ist eine große Enttäuschung. Wie geht es in der Zivilgesellschaft weiter?
Auf zwei Ebenen, denke ich. Auf jeden Fall muss der Multilateralismus weiter belebt werden, damit eine internationale Re-Politisierung erreicht wird. Die EU muss die Führungsrolle, die sie bei umwelt- und entwicklungspolitischen Themen hat, wieder aktiver spielen. Hinderlich dabei ist, dass im Moment eine Reihe anderer Schwierigkeiten, Stichwort Wirtschaft, die Aufmerksamkeit der führenden Politiker und Politikerinnen in Europa massiv beansprucht.
Als zweite Schiene sollten wir davon abgehen, von internationalen Konferenzen die Lösung von Problemen zu erwarten. Wir müsen auf nationaler Ebene Lösungen finden, etwa bei der Förderung erneuerbarer Energien. Das kann dann auch auf andere Staaten eine Vorbildwirkung ausüben.

Ein großes Thema in Rio wird ja die so genannte „Green Economy“ sein …
… aber nur ein Thema, denn es werden keine Beschlüsse gefasst werden. Wir sind diesbezüglich sehr skeptisch. Man darf die Verantwortung von Staaten, von Regierungen und Gesetzgebern nicht auf die Unternehmen abschieben. Wir brauchen im Gegenteil klare Vorgaben, einen klaren Rahmen für die Unternehmen.

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