Südafrika ist einer von mehreren afrikanischen Staaten, die mit einem eigenen Programm auf die Entwicklung von Weltraumsatelliten setzen. Dazu wird mit anderen Staaten des globalen Südens kooperiert.
Sumbandila – „Wegweisend“ lautete der Name des ersten südafrikanischen Beobachtungssatelliten, der 2009 ins All ging, und diesem wurde er gerecht. Zumindest bis ein Sonnensturm im Juli 2011 seinen Bordcomputer zerstörte, was dem südafrikanischen Raumforschungsprogramm einen herben Rückschlag versetzte. Damals war er der einzige Satellit, den das Schwellenland im All platziert hatte. Aber die Südafrikanische Agentur für Raumforschung (SANSA) setzt alles daran, um ihren Platz am Himmel nicht zu verlieren. Noch dieses Jahr soll der erste afrikanische Nano-Satellit in der Umlaufbahn kreisen. Von der Cape Peninsula University of Technology nahe Kapstadt entwickelt, verbraucht der faustgroße Würfel gerade einmal so viel Energie wie eine LED-Lampe. Sein Nutzen soll umso größer sein für die WissenschaftlerInnen, die mithilfe des sogenannten ZA-Cubes Stürme erforschen wollen.
Für ihr Raumprogramm musste die Regierung bereits einige Male Kritik einstecken. Weshalb sollte ein Land, in dem mehr als ein Drittel von weniger als zwei US-Dollar am Tag lebt, Millionen in die Raumforschung stecken? Doch SANSA-Direktor Sandile Malinga verteidigt das Programm: „Südafrika fehlt der Luxus, einen Satelliten zu entwickeln, der sich nicht an den Bedürfnissen der Bevölkerung orientiert.“ Anders als in Industriestaaten betreibe man hier Raumforschung für Mensch und Umwelt. Südafrikas WissenschaftlerInnen können anhand der Bilder aus dem Weltall nicht nur ablesen, wie sich Townships im Vergleich zu formalen Städten entwickeln, auch Agrarflächen, Wasser- und Rohstoffvorkommen stehen unter ständiger Beobachtung. Katastrophen wie Fluten oder Waldbrände sollen beobachtet, vorausgesagt und so Leben gerettet werden. Auch im Kruger-Nationalpark im Osten des Landes nutzten BiologInnen die Aufnahmen von Sumbandila. Seit dieser inaktiv wurde, greife man auf internationale Satellitenaufnahmen zurück, um die jährlichen Buschbrände zu untersuchen. „Anders als Flugzeuge können uns Satelliten den ganzen Park zeigen, dies täglich und relativ billig“, so Izak Smit von der Wissenschaftsabteilung des Nationalparks.
Die SANSA wittert den Nutzen von Satelliten schon in der Bauphase, denn die Wertschöpfungskette beansprucht Südafrika für sich allein: Rohstoffe, Herstellung, Verbrauch und Expertise „Made in South Africa“. Man möchte ein heimisches Produkt entwerfen, erklärt SANSA-Direktor Malinga: „Südafrika will die Schranke von einem Rohstofflieferanten zu einer Wirtschaft durchbrechen, die auf Fähigkeiten und Know-how basiert. Die Raumforschung trägt entscheidend dazu bei, dieses Ziel zu erreichen.“
Das meint auch Kenias Wissenschaftsminister, Henry Kaane: „Ob Indien, China oder Korea – kein führender Staat auf dieser Welt hat die Entwicklung vorangetrieben, ohne zugleich seine Fertigungskapazität zu steigern. Wir müssen Raumforschung als ein Instrument nutzen, um unsere Industrie voranzutreiben.“
2009 riefen Kenia, Südafrika, Nigeria und Algerien die „Afrikanische Gruppe für Ressourcen-Management“ (ARMC) ins Leben. In dem panafrikanischen Projekt verpflichtete sich jeder der vier Staaten, mindestens einen Satelliten in die Umlaufbahn zu schießen. Profitieren soll der ganze Kontinent, da selbst die ärmsten Entwicklungsländer auf die Daten zugreifen können. Andere afrikanische Staaten wie Nigeria, Algerien und Ägypten sandten schon zwei, Angola einen Satelliten in die Stratosphäre. Die Regionalmacht Südafrika hinkt jedoch hinterher. Seinen ersten Beitrag im Rahmen des ARMC-Abkommens kann es frühestens 2016 leisten. Der neue Satellit soll nicht nur Pipelines auf Schäden prüfen, Öl, Gas und Wasser ausfindig machen, sondern auch Südafrikas Truppen bei ihren Friedensmissionen in der Demokratischen Republik Kongo und Südsudan unterstützen.
Seit 2010 steht die Raumforschung auch im Zeichen der Süd-Süd-Kooperation. Erst im März unterzeichneten Russland und Südafrika am Rande des Gipfels der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) einen Kooperationsvertrag für ihre Raumprogramme. 2011 platzierte eine russische Rakete zwei nigerianische Satelliten im All. Kenia vertraut seine Himmelskörper zum Abschuss der Ukraine an, und Südafrika startete seinen Unglückssatelliten Sumbandila aus Kasachstan. Damals einigten sich Indien, Brasilien und Südafrika auf ein gemeinsames Raumprogramm, aus dem insgesamt drei Satelliten hervorgehen sollen. Den jüngsten Zuschlag erhielt China. Der asiatische Staat soll den ersten Satelliten der DR Kongo herstellen und bis 2015 in der Umlaufbahn platzieren.
Markus Schönherr ist Auslandskorrespondent in Kapstadt. Er schreibt für Tageszeitungen, Magazine und Nachrichtenagenturen.
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