Zum Klimaschutz müssen alle etwas beitragen, und die Politik noch etwas mehr.
Die Klima-Katastrophe ist vorhergesagt: Der globale Temperaturanstieg im letzten Jahrhundert hat die vergangenen 20.000 Jahre übertroffen. Um bis zu 4,5 Grad wärmer könnte es auf der Erde bis zum Ende des 21. Jahrhunderts werden. Mittlerweile besteht auch kein Zweifel mehr daran, dass Menschen den Treibhauseffekt zu verantworten haben. Der zwischenstaatliche Ausschuss über Klimaänderungen (IPCC) knüpft an die Veröffentlichung seines neuesten Berichtes, erstellt von 2.500 führenden KlimawissenschaftlerInnen aus 130 Ländern, die Hoffnung, dass er „Mensch und Regierungen aufrütteln werde“.
Tatsächlich haben sich noch nie zuvor so viele Menschen in meinem Umfeld tief besorgt über den Klimawandel gezeigt. Der Klimaschwerpunkt im ORF und in fast allen heimischen Printmedien, Klima-Filme wie „The Day After Tomorrow“ und „Eine unbequeme Wahrheit“ zeigen Wirkung. Auch wenn Wissen allein nicht zum Handeln führt. Schließlich ist die Klima-Materie äußerst komplex. Was wir heute tun, zeigt noch in 1.000 Jahren Folgen, und die Folgen sind in von uns weit entfernten Ländern am drastischsten. Das übersteigt unseren Horizont doppelt, räumlich und zeitlich.
Der Appell an jeden Einzelnen, zum Schutz des Klimas beizutragen, ist wichtig und richtig. Doch fühle ich mich verschaukelt, wenn nur der Bürger oder die kritische Konsumentin den Karren aus dem Dreck ziehen sollen. Wir sind aufgerufen, auf importierte Bio-Erdbeeren im Winter zu verzichten. Bitte, gerne. Und die Politik? Sie kapituliert laufend vor der Öl- und Autoindustrie sowie der Frächterlobby. Das einstige Umweltmusterland Österreich ist mittlerweile Klimaschutz-Schlusslicht in Europa. Seit 1990 hat sich der CO2-Ausstoß im Verkehrssektor fast verdoppelt. Vom Kyoto-Ziel ist Österreich meilenweit entfernt.
Klimaschutz geht weit über die freiwillige Verantwortung des Einzelnen hinaus und ist in der politischen Hierarchie ganz oben anzusiedeln. Klimapolitik wird mit Normen, Grenzwerten, Verboten, Gesetzen und öffentlichen Förderungen gemacht. Und nicht allein mit Plänen und Zielen, mit denen – wie etwa mit dem Kyoto-Ziel in Österreich – von der Politik umgegangen wird wie mit unverbindlichen Empfehlungen.
Echte Klimapolitik, die diesen Namen verdient, entfacht scharfe Konflikte, gesellschaftlich und international, vor allem in der Nord-Süd-Dimension. Beim Klimaschutz geht es um mächtige Interessen und viel Geld.
Da müssen große politische Gebilde wie die EU ihre Stärken ausspielen. Wer sonst könnte den Verkehr eindämmen, ökologische Kostenwahrheit herstellen und der bereits vorhandenen Energie-Effizienz-Technik zum Durchbruch verhelfen?
Und es ist auch Sache der Politik, in einen echten Nord-Süd-Dialog einschließlich Schwellenländern wie China und Indien einzutreten. Die Ausgangslage ist denkbar ungerecht. Die Folgen des Klimawandels, für den die Industrieländer die historische Schuld tragen, treffen die Entwicklungsländer am massivsten. Soll die Erde nicht für die gesamte Menschheit ein unwirtlicher Ort werden, müssen auf jeden Fall alle Länder mit ins Boot. Das wird nur gelingen, wenn sich die reichen Industrieländer zu einem großzügigen Transfer von Wissen und Technologien und angemessener finanzieller Kompensation entschließen.