Warum der künftige Präsident der Philippinen, Rodrigo Duterte, Anlass zur Sorge gibt, erklärt Sven Hansen.
Die Wahl von Rodrigo Duterte zum Präsidenten der Philippinen am 9. Mai ist ein Schock – für die traditionelle Elite des Landes und für die VerteidigerInnen von Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten. Sein Wahlsieg ist ein Protest gegen die traditionelle Oligarchie. Sie hat die Philippinen seit dem Ende der Diktatur 1986 wieder im Griff, will aber die sozialen Probleme des Landes nicht lösen. Unter dem scheidenden Präsidenten Benigno Aquino III. gab es hohes Wirtschaftswachstum. Doch die Mehrheit der Bevölkerung, von der ein Viertel in Armut lebt, hat davon nicht profitiert.
Der 71-jährige Duterte präsentierte sich mit seiner vulgären Sprache, gepaart mit Schlagfertigkeit und Chuzpe. Er versprach drastische Veränderungen, von denen ihn auch Gesetze nicht abhalten würden. So kam er im einzigen Wahlgang unter den fünf KandidatInnen auf rund 40 Prozent der Stimmen. Sein einziges Thema: Recht und Ordnung. Er kokettierte damit, reihenweise Kriminelle töten zu lassen: „Ich werde ein Diktator gegen alle bösen Kräfte sein.“ Die Kriminalität werde er innerhalb von sechs Monaten beenden.
Todeschwadronen. Duterte war in Davao City, der Metropole der südlichen Insel Mindanao, 22 Jahre Bürgermeister. MenschenrechtsaktivistInnen berichten dort von mehreren hundert mutmaßlichen Kleinkriminellen und Straßenkindern, die von Todesschwadronen getötet wurden. Duterte brüstete sich damit, nicht wie von manchen behauptet 700, sondern gar 1.700 seien getötet worden. Eine Beteiligung konnte ihm aber nie nachgewiesen werden. Er erklärte einem UN-Vertreter, er sei machtlos gegenüber den Todesschwadronen.
Dutertes Verhalten und seine von starkem Machismus geprägten Worte wie etwa seine umstrittenen Äußerungen über eine vergewaltigte Missionarin sind voll Widersprüche. Trotzdem kam er bei vielen, die sich bisher als VerliererInnen des System sehen, gut an, weil er einfache Lösungen verspricht. Sie verachten die Justiz, weil sie diese in der Praxis nicht als gerecht erleben, sondern als Schlupfloch reicher Leute, um Strafen zu entgehen. Dutertes Wahl ist die Folge des Versagens von Justiz und einer „Elitedemokratie“. In ihr entstammen 70 Prozent der Abgeordneten politischen Dynastien.
Hindernis Demokratie. Der unkonventionelle Populist Duterte ist dagegen für viele ein Hoffnungsträger. Manche vergleichen ihn mit Donald Trump in den USA. Doch Duterte ist kein Milliardär und hat Regierungserfahrung, die ihn auch bedenkenswerte Positionen einnehmen lässt. So sieht er als Politiker aus dem Süden die Notwendigkeit einer Dezentralisierung. Ihm wird am ehesten zugetraut, Frieden mit muslimischen und maoistischen Rebellen zu schließen.
Seit seiner Wahl hat er keine der umstrittenen Äußerungen zurückgenommen. Duterte ist „der erste Kandidat, der versprach zum Diktator zu werden, wenn ihm demokratische Institutionen im Weg stehen“, schreibt die Politikdozentin Gene Lacza Pilapil von der University of the Philippines in der Tageszeitung Daily Inquirer. Und weil Duterte gewonnen hat, „kann er sagen, dass er ein Mandat der Wähler hat, die Demokratie zu beenden, wenn er es für nötig hält“. Genau darin liegt die große Gefahr.
Sven Hansen ist Asienredakteur der Berliner Tageszeitung „taz“.
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