Der nigerianische Highlife

Von Marc Peschke · · 2008/04

Wolfgang Bender

Musik und Kunst in der populären Kultur der 50er und 60er Jahre
Edition Trickster im Hammer Verlag, Wuppertal 2007, 572 Seiten, € 29,90

Die Musik des nigerianischen Highlife ist ein Hybrid. Eine Mischform aus Altem und Neuem, aus Tradition und Moderne. Aus Nahem und Fernem. Vieles kommt hier zusammen: die Lieder und Gesänge der Missionare, die Tradition der Preislieder, die Marschmusik der Militärkapellen, die Musik der Karibik, der Jazz. Alles vermischt, verquirlt zu einer Feier des Lebens, des Fortschritts.
Highlife war ein musikalisches, gesellschaftliches Phänomen, das sich nicht auf Nigeria beschränkte. In ganz Westafrika war Highlife zu hören, wie wir jetzt in einem Buch des Mainzer Musikethnologen Wolfgang Bender nachlesen können. Es ist ein musikethnologisches Fachbuch, das dennoch auch Laien begeistern wird. Vor allem, weil der Autor ein plastisches Bild jener ersten postkolonialen Jahre im anglophonen Westafrika zu zeichnen vermag: frühe Jahre der Unabhängigkeit, die geprägt waren von den Neuerungen der populären Kultur.
Nicht nur die wichtigsten Musiker und Bands stellt Bender vor, Musiker, die oftmals Mitglieder in Kirchenchören oder Kirchenorchestern waren, nicht nur eine Genealogie des Genres liefert der Autor. Treffend und ungemein spannend sind auch seine Interpretationen von Liedtexten (deren oft lange Tradition aus der Oral-Literatur der Autor an vielen Stellen des Bandes darlegt) und die Einordnung der Highlife-Kultur als „Gesamtkunstwerk“: Der Leiter des „Archivs für die Musik Afrikas“ am Institut für Ethnologie und Afrika-Studien der Universität Mainz weiß, dass die afrikanische Populärkultur von Anbeginn politisch ist, weshalb er neben der Musik auch andere kulturelle Äußerungen wie Bildende Kunst, Literatur, Haartracht, Tanz und Mode ganz selbstverständlich in seine Betrachtung einflechtet.
Eine Epoche, die heute Geschichte ist: Die ganze Tradition der Preiskultur – Bender interpretiert den Highlife als eine Musik der Preisung: Musik als Instrument sozialer Befriedung – wandelte sich grundlegend. Waren es früher die Väter, die Verstorbenen, die Würdigen und Weisen, die in den Liedtexten gepriesen wurden, so änderte sich das im Laufe der Highlife-Jahre: „In der neuen nigerianischen Gesellschaft widmet sich das Preisen den Erfolgreichen, den Mächtigen.“

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