Der Merker

Von Karl-Markus Gauss · · 2005/03

Die junge Welt

Entweder ich werde rapide älter oder die Welt wird stetig jünger. Mein Großvater war siebzig, als er mir von einer ähnlichen Erfahrung berichtete, ich hingegen erst vierzig, als ich es das erste Mal bemerkt habe. Aber damals war nur ein irritierendes Gefühl, was mittlerweile unabweisbare Gewissheit ist. Ich erkenne es daran, dass ich so vieles nicht mehr erkenne. Verstehe. Begreife. Ich bin von Dingen umgeben, deren Wirkungsweise mir unbekannt ist, und von Zeichen, die ich nicht entschlüsseln kann, schlimmer, von denen ich nicht einmal bemerke, dass sie Zeichen sind und auf irgendetwas verweisen. Ringsum wächst die Welt, an der ich nicht mehr teilhaben kann. Zum Beispiel das Berufs- und Erwerbsleben. Nein, nicht dass ich mich verändern wollte, ich habe ja einen Beruf.
Aber zu gerne würde ich wissen, womit man als Career-Designer sein Geld verdient. Oder wie man als E-Commerce-Consultant den Tag verbringt, ganz zu schweigen davon, was man als Info-Broker oder Tele-Tutor beruflich so treibt. Ein Freund hat mir einmal erklärt, warum der Beruf des Content-Managers eine hoch bezahlte Zukunft hat; aber ich glaube, er hat sich über mich lustig gemacht, denn es ist unmöglich, dass jemand mit derlei seine Existenz wird bestreiten können.

Die Welt wird stetig jünger oder ich werde rapide älter. Oder beides wirkt unheilvoll ineinander. Da ist mir kürzlich eine Statistik in die Hände gefallen. Wie alt ist eigentlich die Menschheit von heute? Ich meine, wie hoch ist das Durchschnittsalter aller Menschen, die jetzt leben? 26 Jahre und vier Monate. Dass die Welt immer jünger wird, obwohl die Bewohnerinnen und Bewohner der reichen Kontinente immer älter werden, hat zwei Gründe. Der eine ist, dass in den armen Ländern so unglaublich viele Kinder geboren werden; der andere, dass sie sterben, ehe sie darüber grübeln könnten, was es bedeutet, in einer immer jüngeren Welt immer älter zu werden.

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