Der Konzern-Schreck geht wieder um

Von Redaktion · · 2014/11

Im neuen „Schwarzbuch Markenfirmen“ stellt Klaus Werner-Lobo die Machenschaften von Konzernen an den Pranger. Südwind-Redakteur Richard Solder sprach mit dem vielseitigen Autor über Konsum, mächtige Männer über 50 und Spaß im Leben.

Eigentlich ist er aktuell ja Gemeinderat in Wien. In dieser Rolle sorgt er nicht unbedingt international für Aufsehen. Aber derzeit bilden sich wohl bei manchen Managern in Konzernzentralen zwischen Kyoto und Seattle Sorgenfalten, wenn sie den Namen Klaus Werner-Lobo hören.

Ende September wurde die Neuausgabe des Bestsellers „Schwarzbuch Markenfirmen“ veröffentlicht, die Werner-Lobo gemeinsam mit dem Journalisten und Aufdecker Hans Weiss verfasste.

Die Erstausgabe erschien 2001. Und war ein Erfolg weit über die Grenzen Österreichs hinaus: 200.000 verkaufte Exemplare im deutschsprachigen Raum, Übersetzungen in 15 Sprachen. Der „Spiegel“ schrieb damals: „Das Buch attackiert die Konzerne an ihrer empfindlichsten Stelle: ihrem Ruf.“ Der Online-Ableger der deutschen Wochenzeitung zählte den gebürtigen Salzburger Werner-Lobo in der Folge 2007 zu den „Stars der alternativen Globalisierung“, neben Noam Chomsky, Naomi Klein, Michael Moore und Jean Ziegler.

Star, Experte, Aktivist? Wer ist dieser Werner-Lobo? Der Kultur- und Menschenrechtssprecher der Wiener Grünen ist ein smarter, lässiger Typ, wirkt dabei aber auch immer sehr kontrolliert. Tätig ist er als Politiker, Journalist, Vortragender, Autor – und Clown. Demnächst wird er in einer kleinen Rolle im Film „Win Win“ von Regisseur Daniel Hösl („Soldate Jeannette“) zu sehen sein. Auch Theaterauftritte sollen folgen.

Wenn Werner-Lobo am Morgen aufsteht, geht er joggen und macht Joga. Bevor er beginnt, seinen dichten Terminkalender abzuarbeiten, bringt er seinen Sohn in den Kindergarten. Wie findet man neben dem Politiker-Leben Zeit, Bücher zu schreiben? „Ich bin recht effizient“, erklärt er, „und mache meine Tätigkeiten mit Leidenschaft.“

Das neue Schwarzbuch bildet die Welt der Konzerne nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2008/2009 neu ab. Zudem wurde laut Werner-Lobo im Vergleich zum Vorgänger bewusst die Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem verstärkt: „Beim ersten Buch haben wir den Fokus zu sehr auf einzelne Firmen gelegt.“

Anders als 2001 kommt in der neuen Ausgabe kein österreichisches Unternehmen vor. Im Fokus stehen Konzerne mit internationaler Relevanz. Wie kam es zur Auswahl des „Best of Böse“? „Uns ging es um Konzerne, die Konsumprodukte verkaufen, und darum, die Größten in den wichtigsten Konsumsegmenten unter die Lupe zu nehmen.“

Werner-Lobo und Weiss prüften bestehende Vorwürfe gegen Konzerne: Ausbeutung der ArbeiterInnen, Kinderarbeit, Sklaverei, unethische Vermarktungspraktiken, Datenmissbrauch etc. – die Palette ist breit. Aus einer längeren Liste zogen sie 50 Firmen exemplarisch heran, die aus ihrer subjektiven Sicht die schlimmsten sind, von Adidas bis Zara.

Das Buch widmet sich auch Themen wie TTIP und dem globalen Kampf um Ressourcen. Die Sprache ist bewusst einfach gehalten, um jene Zielgruppen anzusprechen, die sich mit Globalisierungskritik noch nicht befasst haben: „Unser Ziel war es, Menschen zu erreichen, die noch gar nichts von diesen Dingen gehört haben.“

Werner-Lobo sieht sich als Vermittler, der die breite Masse anspricht. Er will mehr als Alternativen aufzeigen, die nur ausgewählten Gruppen offen stehen. Ethischer Konsum etwa, für den man mehr Geld ausgeben muss, sei nun mal nicht für alle eine Option.

Werner-Lobo geht noch weiter: „Die Ideologie, die besagt, wir können heutzutage demokratisch an der Supermarktkassa abstimmen, durch Fairtrade- oder Bio-Produkte, diese Ideologie ist neoliberaler Schwachsinn.“ Mehr Geld zu besitzen dürfe in unserer Gesellschaft nicht bedeuten, dadurch auch mehr „Stimmrecht“ zu bekommen. „Ändern können wir die Welt nur durch Politik. Und das heißt, sich mit anderen zusammen zu tun und gemeinsam etwas zu unternehmen.“

Bleibt der Autor optimistisch, dass ein Wandel in unserer Gesellschaft kommen kann, wenn er Jugendliche in der Straßenbahn hört, die laut vom neuen iPhone träumen? „Moment mal!“, wirft Werner-Lobo ein, „lassen wir doch die Jugendlichen in Ruhe.“ Die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik seien für den Konsumwahn verantwortlich zu machen. Und die Entscheidungsträger, das sind „reiche Männer über 50“, so Werner-Lobo. „Die sind das wirkliche Problem in unserer Gesellschaft. Die haben Ressourcen und Macht an sich gezogen.“

Welche Projekte sind von ihm, selbst 47 Jahre alt, zukünftig zu erwarten? „Ich hoffe einiges. Als bekennender Atheist muss ich alles, was lustig ist, im Leben unterbringen.“ Derzeit heißt das weiterhin Stadt-Politik. Werner-Lobo übernahm mit den Wiener Grünen 2010 die Juniorpartnerschaft in der Stadtregierung. Das bedeutete viele neue Erfahrungen für die Partei. „Diese Erfahrungen würde ich gerne in eine zweite Legislaturperiode einbringen.“ Für internationale Furore kann er ja trotzdem noch sorgen.

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