Seit Jahrzehnten versucht der Internationale Währungsfonds (IWF), Volkswirtschaften in Asien, Afrika und Lateinamerika in seinem Sinn zu sanieren. Nunmehr wird das Modell auf Griechenland angewandt.
Seit dem Ausbruch der Krise war der IWF – zusammen mit der Europäischen Union – direkt in die Kreditvergabe an eine Reihe von EU-Mitgliedstaaten involviert, allem Anschein nach um ihnen bei der Überwindung ihrer Zahlungsbilanzprobleme zu helfen. Zuerst war Lettland an der Reihe (2008), dann Ungarn (2009) und Rumänien (2009 und 2011). Die Auszahlung der Kredite wurde mit der Umsetzung von Haushaltskonsolidierungen und Strukturreformen verknüpft, d.h. Kürzung der öffentlichen Ausgaben, Arbeitsmarktreformen, Marktliberalisierung und Privatisierung. Diese „Wirtschaftsanpassungsprogramme“ sind tatsächlich eine Variante der „Strukturanpassungsprogramme“ (SAPs), die der IWF gegenüber den weniger entwickelten Ländern in Afrika, Asien und Lateinamerika seit den 1950er Jahren durchsetzte.
Die SAP-Formel diente auch als eine Grundlage für das griechische Wirtschaftsanpassungsprogramm, das 2010 und 2012 mit EU und IWF ausverhandelt wurde. Als Mitglied der Eurozone kann Griechenland seine Währung nicht abwerten. In dieser Hinsicht ähnelt es stark einem Land mit einer gestützten Währung, wie Argentinien in den 1990er Jahren. Dadurch wurde der Nachdruck auf die Umsetzung von Strukturreformen nur noch größer. Diese Reformen umfassen unter anderem die folgenden Punkte:
Das in Griechenland angewendete Wirtschaftsanpassungsprogramm kann aus mehreren Gründen kritisiert werden. Einmal bezüglich der – fehlenden – ökonomischen Wirksamkeit. Seit dem Beginn der Krise ist das Bruttoinlandsprodukt um mehr als ein Fünftel geschrumpft, die Investitionen sind zusammengebrochen und die Arbeitslosigkeit hat im vergangenen Oktober 26,8% erreicht. Andererseits steigt der Anteil der Staatsverschuldung am BIP immer weiter an, ebenso die Ungleichheit als ein Ergebnis der rücksichtslosen Ausgabenkürzungen und Steuererhöhungen sowie der fortgesetzten Steuerflucht und der explodierenden Armut, vor allem unter den weniger Gebildeten, den Älteren und den Jugendlichen. Das vorgefertigte Programm wurde bereits in anderen Weltregionen ausprobiert und schlug fehl. Natürlich darf die Verantwortung der lokalen politischen und sozialen Elite nicht unterschätzt werden; sie spielte eine bedeutende Rolle nicht nur bei der Misswirtschaft, sondern auch bei der politischen Krise.
Insgesamt kann man sagen, dass die griechischen Wirtschaftsanpassungsprogramme es nicht schaffen, die anstehenden Probleme in den Griff zu bekommen – auch hierin ähnlich den in Afrika, Asien und Lateinamerika umgesetzten SAPs. Ihre Handlungsanleitungen haben in Griechenland eine Depression im Stil der 1930er Jahre ausgelöst, wie es sie bisher noch keine europäische Demokratie in Friedenszeiten erlebt hat.
Marica Frangakis Ioannou arbeitet als unabhängige Expertin mit Schwerpunkt auf Makroökonomie und Finanz. Sie ist aktives Mitglied der Vereinigung „Europäische Ökonomen für eine alternative Wirtschaftspolitik in Europa“ (www.euromemo.eu) und Mitbegründerin von Attac Griechenland.
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