Sachbuch. Verlag Bertelsmann, München 2009, 288 Seiten, € 20,60
Das vorherrschende Ungleichgewicht zwischen Nord und Süd durch Ausbeutung, Arroganz, Unterdrückung und Menschenverachtung des reichen Westens bezeichnet Jean Ziegler in seinem Buch als „die kannibalistische Weltordnung des globalisierten Finanzkapitals“. Die Völker des Südens begegnen der gegenwärtigen Situation von Hunger und Elend mit so genanntem „vernunftgeleiteten Hass“, um sich gegen den wirtschaftlichen Weltkrieg zu wehren.
Lange genug waren und sind die südlichen Völker Opfer der strukturellen Gewalt der Weltordnung, die vom Westen aufgezwungen wird. Von der Conquista, dem Sklavenhandel, dem Kolonialismus bis zum ausbeuterischen Kapitalismus von heute – das verwundete historische Gedächtnis der Völker des Südens reicht weit zurück. Der Schweizer Globalisierungskritiker unterlegt das erbarmungslose Handeln des Westens mit erschütternden Beispielen und Ereignissen.
Als Reaktion geht der Autor auf die gegenwärtige Wiederauferstehung der Kollektividentität in der südlichen Hemisphäre ein. Ziegler beschreibt den Widerstand anhand von sozialen und politischen Bewegungen in Nigeria und Bolivien. Diese gelten als Hoffnungsträger für Demokratie und einer neuen planetarischen Zivilgesellschaft.
Es stellt sich die Frage, wie man den Westen dazu bringen kann, seine Verantwortung wahrzunehmen. Ziegler betont die Notwendigkeit, so genannte „westliche Werte“ wie Demokratie und Menschenrechte nicht nur zu propagieren, sondern auch tatsächlich selbst einzuhalten. Globale Konflikte können nur mit Solidarität gelöst werden, nicht mit Arroganz und Doppelzüngigkeit.
Ziegler, der sich philanthropisch für die Völker des Südens einsetzt, versucht vor allem mit zynisch provokanten Worten die Aufmerksamkeit der LeserInnen zu erlangen. Seine pauschalen Aussagen enden jedoch manchmal in dem Bild, dass alle Schurken der Welt sich im Westen und alle Gutmenschen in der südlichen Hemisphäre versammeln. Der Autor versucht, sich als Europäer in den eigenen Reihen Gehör zu verschaffen, um die Arroganz und Selbstverherrlichung anzuprangern. Denn wer im Westen nimmt die Völker des Südens überhaupt ernst?