Es wird zwar nicht leicht sein, unsere Abhängigkeit vom Erdöl zu überwinden. Doch das Angebot an umweltfreundlichen, erneuerbaren Energiequellen ist enorm.
Der jüngste Anstieg der Erdölpreise hat der Sonnenenergie neues Leben eingehaucht. Manche ExpertInnen erwarten, dass die Kosten von Photovoltaikanlagen (PVs), die Sonnenlicht in Elektrizität umwandeln, in zwanzig Jahren auf ein Achtel des aktuellen Niveaus sinken werden. In vielen Bereichen wurde Sonnenenergie im letzten Jahrzehnt um die Hälfte billiger, und im Schnitt expandierte der Sektor jährlich um 17 Prozent. Greenpeace schätzt, dass PVs derzeit fünf Mal teurer sind als unter Bedingungen der Massenproduktion. Ein PV-Werk mit einer Jahreskapazität von 500 MW, dem Dreifachen des Weltmarktvolumens, könnte zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren, ergab eine Studie der Beratungsfirma KPMG. Kosten würde ein solches Werk etwa ein halbes Prozent jener 89 Milliarden US-Dollar, die von der Erdölbranche 1998 für die Exploration und Produktion von Erdöl und Erdgas ausgegeben wurden. Im Süden, wo sie billiger kommt als teure, zentralisierte Stromnetze, verzeichnet die Photovoltaik ein rasantes Wachstum. 85 Prozent der in den USA gebauten PVs werden exportiert, zumeist in Entwicklungsländer. In den ländlichen Gebieten Indonesiens etwa gibt es 36.000 Solaranlagen. Die Sorge ist eher, dass die Technologie von wenigen Unternehmen kontrolliert werden könnte. BP Solarex hat mit einem Jahresumsatz von 200 Millionen Dollar 20 Prozent des Weltmarkts erobert.
Hoffnung Wasserstoff
Der Beginn des Wasserstoffzeitalters ist nur eine Frage der Zeit, wie selbst eingefleischte Erdölfans einräumen. Das geeignete Gerät, die Wasserstoff-Brennstoffzelle, wurde bereits 1839 vom walisischen Physiker William R. Grove erfunden. Sie funktioniert wie eine sich selbst aufladende Batterie. Bei der Reaktion von Wasserstoff und Luft entsteht elektrischer Strom, der zum Betrieb eines Elektromotors genutzt werden kann. Das einzige Abfallprodukt ist Wasser. Und die Brennstoffzelle steht knapp vor der Serienreife. Mehr als 85 Organisationen befassen sich mit der Erforschung der Brennstoffzellentechnik, betont das Worldwatch Institute. Der Schwerpunkt liegt dabei auf ihrer Adaptierung für den Verkehrssektor, und das zu Recht: Das explosionsartige weltweite Wachstum des motorisierten Verkehrs ist die Hauptursache der zunehmenden Kohlendioxid-Emissionen. Die großen Autohersteller sind bereits in die Wasserstofftechnik eingestiegen. DaimlerChrysler hat mit Ballard Power, einem kanadischen Brennstoffzellen-Pionier, einen 500-Millionen-Dollar-Vertrag über die Entwicklung von Brennstoffzellenmotoren abgeschlossen. Wasserstoffgetriebene Vorführbusse rollen durch Vancouver und Chicago. Der Beginn der Massenfertigung ist für 2005 geplant. Toyota und Honda wollen ihre Brennstoffzellenautos sogar noch früher herausbringen.
Aber es bleibt dem kleinen Island vorbehalten, den Vorreiter zu spielen: Das Land will die erste Wasserstoffökonomie der Welt aufbauen und innerhalb von 40 Jahren alle Busse, PKWs, LKWs und selbst die Fischerboote auf Wasserstoffenergie umstellen. Der Wasserstoff soll durch die Elektrolyse von Wasser hergestellt werden – mit Strom aus Wasserkraft. Wird „grüne“ Energie zur Herstellung von Wasserstoff eingesetzt, kann man den fossilen Brennstoffen Adieu sagen. Für andere ist aber genau das ein Schlüsselproblem. Ballard Power und die großen Autokonzerne setzen auf Methanol als Grundstoff. Andere befürworten Erdgas, denn hier ist das Verhältnis Wasserstoff-Kohlenstoff am höchsten: In einem „Reformer“ könnten Wasser und Erdgas bei hohen Temperaturen vermischt und Kohlendioxid und Wasserstoff erzeugt werden. Aber die endgültige – und einzige – Lösung für das Kohlenstoffproblem ist die Erzeugung von Wasserstoff aus Wasser unter Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energieträgern wie Sonnenlicht und Windkraft.
Zeit für die Gezeiten
Warum nicht Energie aus den natürlichen Bewegungen des Meeres gewinnen? Meerwasser ist 832 Mal dichter als Luft, und eine Meeresströmung von acht Knoten (14,8 km/h) hat die kinetische Energie eines Orkans mit 390 km/h. Ihre „Davis Hydro“-Turbinen können auf der selben Fläche 180 Mal mehr Energie erzeugen als Wind- oder Sonnenkraftwerke, schätzt die Firma Blue Energy Systems aus Vancouver. Die riesigen „Unterwasser-Windmühlen“ sind wettbewerbsfähig, hocheffizient und umweltfreundlich. Die kanadische Firma arbeitet an einem vier Kilometer langen „Gezeitenzaun“ in der San-Bernardino-Meerenge zwischen den philippinischen Inseln Dalupiri und Samar. Die Turbinen werden jährlich bis zu 2,2 Gigawatt erzeugen.
Windkraft
Vor der Ära der billigen fossilen Brennstoffe waren Windräder, die Wasser pumpten und Getreidemühlen antrieben, ein gewöhnlicher Anblick. Heute sind Windräder wieder eine Wachstumsindustrie – nur produzieren sie jetzt sauberen elektrischen Strom. Windkraft ist einer der am raschesten wachsenden grünen Energiesektoren: 24 Prozent pro Jahr in den 90er Jahren. Der weltgrößte Windenergiepark wurde 1999 in Storm Lake im US-Bundesstaat Iowa eröffnet: 257 Windturbinen, verteilt auf mehr als 100 Farmen, deren Besitzer jeweils rund 2.000 Dollar im Jahr verdienen. Dänemark, ein Windkraftpionier, deckt seinen Strombedarf derzeit zu acht Prozent aus Windenergie, Deutschland verfügt mit Abstand über die höchste installierte Kapazität. Im Süden ist Indien die Nummer 1 bei der Windkraft, doch laut Worldwatch könnte China seine Stromerzeugung aus dieser Quelle problemlos verdoppeln.
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