Warum eine Welt ohne Tabakkonsum auf sich warten lässt und wieso Rauchen und Fairtrade nicht zusammenpassen, erklärt Sonja von Eichborn im Interview.
Ist Tabak für die ihn anbauenden Kleinbäuerinnen und -bauern schädlich?
Ja, das ist empirisch belegt. Der Hautkontakt mit Tabak führt zu Nikotinaufnahme. Wenn die Menschen die Tabakblätter auf den Feldern ernten, fühlen sie mit der Hand, ob sie schon reif sind. Die Feuchtigkeit der grünen Tabakblätter unterstützt die Nikotinaufnahme durch die Haut. Wer die Tabakblätter berührt, vergiftet den Körper und erkrankt mit hoher Wahrscheinlichkeit an der sogenannten Green Tobacco Sickness. Das ist eine schwere Nikotinvergiftung, die mit Herzrasen, Kreislaufkollaps, Schwindel und Übelkeit einhergeht.
Was ist giftiger: Nikotin oder Pestizide?
Wie jede Monokultur braucht der Tabak viel Pestizideinsatz. Es werden die Blüten und Seitentriebe gekappt, damit mehr Nikotin in die Blätter geht. Weil Schädlinge an diese offenen Stellen an den Pflanzen wollen, braucht man besonders viele Pestizide. Neben Glyphosat, das in Europa sehr umstritten ist, werden auch welche eingesetzt, die hier schon lang verboten sind.
In Brasilien gab es eine Untersuchung, wonach in den Tabakanbaugebieten die Suizidrate sieben Mal höher liegt als im Rest des Landes. Pestizide gehen außerdem in den Boden und ins Wasser. Das Problem haben damit nicht nur die Tabakbäuerinnen und -bauern, sondern auch die umliegenden Gemeinden. Insofern hat das eine breitere Wirkung als das Nikotin in der Pflanze.
Sind Öko-Zigaretten besser?
Ökologischer Anbau ohne Pestizide und Kunstdünger ist generell gut. Auch für die Raucherinnen und Raucher, denn Pestizide bleiben als Rückstände im Tabak. Aber über die Arbeitsbedingungen sagt das nichts aus.
Gibt es fair gehandelten Tabak?
Nein. Der Fairtrade-Handel lehnt das ab, weil Tabak in mehrfacher Hinsicht schädlich ist.
Schwebt Ihnen eine Welt ohne Tabakkonsum vor?
Ehrlich gesagt, ja. Es wird aber ganz schön lang dauern, bis wir das erreicht haben. Denn der Tabakkonsum steigt global noch immer. Die Konzerne sind dabei, die Märkte in Südostasien tiefer zu durchdringen und in Afrika stärker Fuß zu fassen. Es gibt vor allem in Afrika Länder, in denen die Regulierungen nicht streng sind. Dort investiert die Industrie viel Geld, startet Marketingkampagnen und finanziert Events für Jugendliche, um sie zum Rauchen zu bringen.
Interview: Ralf Leonhard
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