Die EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek ist Co-Vorsitzende der Lesbisch-Schwulen-Bisexuellen-Transgender (LGBT) Intergroup des Europaparlaments und Außenpolitiksprecherin der Grünen Fraktion. Südwind-Redakteurin Michaela Krimmer berichtet sie, wie das Europaparlament mit dem ugandischen Gesetzesentwurf umgeht.
Südwind: Wie steht das EU-Parlament dem ugandischen Gesetzesentwurf gegenüber?
Ulrike Lunacek: Dezember ist der Gesetzesentwurf im Europaparlament mit großer Mehrheit der Abgeordneten abgelehnt worden. Der Punkt der Todesstrafe ist selbst für konservative Politiker eindeutig zu viel. Genauso wie das Thema der Bespitzelung, wenn jemand Lesben und Schwule beherbergt und dies nicht meldet.
Bei der EU-AKP (Afrika-Karibik-Pazifik)-Parlamentarierversammlung in Namibia Ende letzten Jahres wurde das Thema aufgebracht. Afrikanische Abgeordnete haben daraufhin scharf reagiert und die europäische Einmischung in afrikanische Angelegenheiten abgelehnt. Doch Menschenrechte sind universell, das hat nichts mit Einmischung von außen zu tun.
Welche Druckmittel seitens der EU gibt es bezüglich Uganda?
Andere Kolleginnen und Kollegen des Europaparlaments und ich haben die jeweiligen Vertretungen unserer Länder in Kampala bestärkt, dem Präsidenten Museveni und der Regierung klar unsere Ablehnung des Gesetzesentwurfs zu zeigen. Zahlreiche EU-Staaten haben deutlich gemacht, dass die Gelder der internationalen Kooperation durch dieses Gesetz gefährdet sein könnten. Das löst große Befürchtungen bei der ugandischen Regierung aus.
Glauben Sie, dass das Gesetz durchgehen wird?
Es könnte sein, dass es in dieser Legislaturperiode (bis 2011) einfach nicht mehr behandelt wird und somit verfällt. Sollte dies nicht der Fall sein, dann befürchte ich, dass nicht alle Teile fallen gelassen werden. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Todesstrafe aufgenommen wird. Meiner Meinung nach sollte natürlich das ganze Gesetz in den Papierkorb wandern.
Wie sind Ihre persönlichen Erfahrungen auf LGBT-Pfaden in Afrika?
Ich war 1999 auf der Weltkonferenz der International Lesbian and Gay Association (ILGA) in Johannesburg in Südafrika. Das war ein sehr bewegendes Erlebnis. Südafrika war das erste Land der Welt, dass die Nicht-Diskriminierung von LGBT-Personen in die Verfassung aufgenommen hat. Ich lernte zum Beispiel Verfassungsrichter Edwin Cameron kennen, der erste hochrangige Beamte des Landes, der offen zugab, schwul und auch HIV-positiv zu sein. Während des Verfassungsprozesses in den
1990er Jahren fuhr er wie viele andere mit einem Team überall hin und leistete Überzeugungsarbeit für die neue Verfassung – inklusive für diesen Nicht-Diskriminierungsartikel. Schließlich hatten die schwarzen Südafrikanerinnen und -afrikaner selbst die Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit erfahren. Und die sollte es auch nicht aufgrund von sexueller Orientierung geben. 2007 war ich auf dem Weltsozialforum in Nairobi. Dort gab es den Queer-Spot, der einen sehr offenen Dialog ermöglicht hat, auch mit Leuten, die gar nichts mit Homosexualität am Hut hatten und sehr kritisch waren. Freiräume wie diese haben jedoch Seltenheit und sind hart erkämpft. Oft wird es zu gefährlich für die Aktivistinnen und Aktivisten.
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