Was tun, wenn nach der Drucklegung eines Artikels neue Informationen auftauchen, vor deren Hintergrund man anders geschrieben hätte?
Die Juni-Ausgabe mit meinem Kuba-Artikel (Seite 16/17) ging in Druck und ich setzte meine Recherchen fort. Dabei stieß ich auf Informationen, die meine Aussagen teilweise revidierten: Die Bezahlung der „Dissidenten“ durch die USA, das systematische Aufbauen von „unabhängigen Journalisten“ und „Menschenrechts-Aktivisten“ ebenfalls mit US-Hilfe und vor allem die Konkretheit der Pläne Washingtons, die kubanische Regierung zum Fall zu bringen.
Da erschienen die strengen Urteile der kubanischen Justiz gegen fast 80 Oppositionelle und selbst die Todesstrafen gegen drei Schiffs-Entführer, die in der ganzen Welt, auch unter Kuba-Sympathisanten wie Galeano, Saramago, Chomsky, Schrecken und Empörung hervorriefen, plötzlich in einem anderen Licht. Ich verurteile nach wie vor die Todesurteile uneingeschränkt; doch hat mich die intensivere Beschäftigung mit der Materie zu einer Revision meiner Einschätzung der kubanischen Position gebracht.
Kuba trennen 90 km vom „Feindesland“, und dieser Feind verfügt über eine politische, ökonomische und militärische Macht, wie sie wahrscheinlich nur selten in der Geschichte von einem einzigen Staat angesammelt wurde. Und diese Macht beginnt, nach den Kriegen in Afghanistan und im Irak, mit ganz konkreten Maßnahmen zum Sturz der kubanischen Regierung – oder, nach offizieller Leseart, zur Einleitung einer „Periode des demokratischen Übergangs“.
Kuba ist entschlossen, dem Druck aus Washington nicht nachzugeben und als kleiner, isolierter Staat die Konfrontation mit dem „Goliath“ zu wagen. Die Verteidigung der eigenen Souveränität besitzt nunmehr höchste Priorität und stellt sich für die Regierung als Überlebens-Frage dar, der sich alle anderen Politikbereiche, auch die Menschenrechte, unterzuordnen haben. Eine bedauerliche Tatsache, für die es jedoch in der Geschichte, auch in der Gegenwart, immer wieder Beispiele gibt.
Verallgemeinernd ziehe ich nach meiner Erfahrung mit diesem Kuba-Beitrag den Schluss, dass man in manchen Fällen mit dem Verfassen eines Artikels besser länger zuwartet und vorher umfangreich Informationen einholt. Leider sind auch wir in den alternativen Medien, die wir uns einem kritischen Journalismus verschrieben haben, gerade in einer ersten Phase von den Mainstream-Informationen abhängig. Und wie die derzeit von der Supermacht USA gegängelt werden, dafür gibt es gerade in Zusammenhang mit dem Irak-Krieg genügend Beispiele.
Seit einem Vierteljahrhundert wird die Notwendigkeit einer „Neuen Internationalen Informationsordnung“ diskutiert. „Die ständige und tatsachengetreue Verbreitung von Nachrichten über ein Land in anderen Ländern ist ein ständiges Problem“, diagnostizierte die UNESCO schon 1978 in ihrer „Medienerklärung“. Seit damals hat sich nicht viel verändert, zumindest nicht im Positiven.