Sachbuch. Übersetzung aus dem Chinesischen von Ralf Ruckus. Verlag Assoziation A, Berlin 2008, 257 Seiten, € 8,00
China hat in den letzten drei Jahrzehnten eine rasante Entwicklung zu einer der führenden Industrienationen der Welt erlebt. Mit der zunehmenden Verarmung am Land durch die Einführung kapitalistischer Produktionsweisen und der darauffolgenden Massenmigration in die urbanen Zentren entstanden dort neue Subjekte der Arbeiterklasse, darunter die Dagongmei, die „arbeitenden Schwestern“.
Seit 1978 vermehrten sich in den chinesischen Ostküstenprovinzen sprunghaft die Industriekomplexe, in denen mit der migrantischen Arbeitskraft für den Weltmarkt produziert wird. Relativ viel ist bei uns von den ausbeuterischen gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen die Rede – häufige Arbeitsunfälle, Arbeiten bis zum Umfallen, Fabriksbrände mit Dutzenden Toten -, wenig hört man jedoch von dem wachsenden Widerstand, den diese Situation hervorruft. Ungeachtet der staatlichen Repression nehmen Streiks und Widerstandsaktionen zu. Besonders in der zweiten Generation der MigrantInnen, mit Beginn des 21. Jahrhunderts, ist dieser Widerstand lauter und fordernder geworden.
Im vorliegenden Buch erzählen einige Wanderarbeiterinnen ihre Lebensgeschichten, warum sie das Elternhaus verließen, über die Benachteiligung der Mädchen in der Familie, über ihr Wanderleben, die Arbeit in den Fabriken, ihren Kampf um Freiheit und gegen despotische Vorgesetzte und Behörden. Die Geschichten, die sie der Sozialwissenschaftlerin Pun Ngai, Gründerin des Chinese Working Women Network (CWWN,
www.cwwn.org), und deren Mitarbeiterinnen berichteten, sind eingebettet in erklärende Kommentare. Sie machen deutlich, auf wessen Schultern die Last des chinesischen „Wirtschaftswunders“ ruht. Im Anhang erklären die Autorinnen Pun Ngai und Li Wanwei, die beide in Hongkong leben, ausführlich die arbeitsrechtlichen und politischen Hintergründe des Phänomens der „arbeitenden Schwestern“.