In den sechziger Jahren adaptierte der Sänger und Gitarist Boubacar Traoré, genannt Kar Kar, internationale Popströmungen für sein Heimatland Mali. Kar Kar – das heist in der Landessprache Bambara so viel wie Dribbling. Als junger Mann war Kar Kar nämlich ein formidabler Kicker. Da die wenigsten BewohnerInnen Plattenspieler hatten (Kassetenrecorder gab es noch nicht), war das Radio wichtigster Novitäten-Verteiler. Traorés „Mali Twist“ lief mehrmals pro Tag auf Radio Mali, und eifrig pries der junge Sänger die eben unabhängig gewordene Republik. Doch die Aufnahmen für den staatlichen Rundfunk waren unentgeltlich, auch Tantiemen gab es keine. Traorés Popularität ließ sich also nicht in Wohlstand umwandeln. Und so emigrierte der Musiker wie viele westafrikanischen Männer nach Frankreich, um dort zu jobben. Er war Bauarbeiter, bis ihn 1992 ein englischer Produzent dazu überredete zur Musik zurückzukehren. Heute genießt der ältere Herr mit obligater Schirmmütze großes Ansehen. Die Weltmusiker-Werber nennen ihn den „Vater des malenesischen Blues“, und Traoré, der wieder in Bamako/Mali lebt, kann mit seinen Musikeinkünften locker eine große Sippe ernähren. Das neue in Belgien und Frankreich aufgenommene Album „Maciré“, bei dem auch Habib Koité, der heutige Superstar des Mali-Pop, als Gastgitarrist mitwirkt, besticht durch entrückt schöne Lieder und federleichtes Gitarrenspiel. Traoré spielt repetitive, bluesige Figuren, die von leisen Kassonké-Rhythmen begleitet werden. Das schwermütige Lied „Tunga Mani“ ist eine Referenz an die Arbeitsmigranten in Frankreich, „Bebe Bo Nadero“ ist ein Gruß an die Mütter und bei „Kar Kar Madison“ gibt es ein Link zu den Sixties: der Madison war unter Malis jungen Tänzerinnen und Tänzern damals ebenso beliebt wie der Twist und der Jerk.