Kim Kwang-Kyu
Gedichte. Aus dem Koreanischen von Chong Heyong und Birgit Mersmann; Nachdichtung von Heinz Ludwig Arnold. Wallstein-Verlag, Göttingen 2010, 96 Seiten, € 18,50
Der koreanische Dichter Kim Kwang-Kyu hat mich bekehrt. Seit Jahrzehnten habe ich keinen Gedichtband mehr gelesen – um ehrlich zu sein, ich bin mir nicht sicher, ob ich je schon einmal einen Gedichtband gelesen habe.
Kim Kwang-Kyu gehört zu den meist gelesenen Dichtern Koreas. Er schreibt über Alltägliches, Beobachtungen, die man macht, wenn man mit offenen Augen durchs Leben geht. Er ist ein Poet, wie man ihn sich in Hollywood-Filmen vorstellen würde. Er sitzt in seiner Schreibstube und schaut aus dem Fenster. Er beobachtet die Vögel, philosophiert über das Grün der Blätter, über das dichte Blätterwerk der Ulmen in seinem Dorf. Er zählt Blumen und Bäume beim Namen auf und liefert dem europäischen Leser, der Leserin gleich ein wenig Exotik mit, wenn er von der Melodie eines Jinyang-Jo erzählt oder vom betörenden Duft des Hubakbaums.
Das Vergnügen wird ein wenig von Kims moralischem Unterton getrübt, der in manchen Gedichten mitschwingt. Da beobachtet ein alter Mann – Kim ist 70 Jahre alt – die Jugend, wie sie ihr Geld verschleudert und keine Freude an dem simplen, inneren Reichtum seiner Generation findet. Den letzten Teil bildet Kims eigener Schmerz mit der Vergänglichkeit, wohl auch auf sein fortschreitendes Alter zurückzuführen. Er sieht seine Freunde sterben, seine Mutter, und immer näher rückt der eigene Tod.
Egal, ob man nun die moralischen Vorstellungen mit dem Dichter teilt, sich in das Gefühl des nahenden Todes versenken kann und will oder ob man Streifzüge durch die koreanische Natur, die immer mehr von Hochhäusern eingekesselt wird, unternimmt, das Wichtigste an Kim ist: Er ist zugänglich und klar. Er ist verständlich und seine Erfahrungen und Gefühle, die er in wenigen Worten zu Papier bringt, sind nachvollziehbar. Er spürt seine Umwelt mit all seinen Sinnen und schärft unsere oft ja doch etwas verkommenen Sinne dadurch wieder.
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