Bei den Heiden. Geschichten von Liebe, Gewalt und Einsamkeit

Von Redaktion · · 2012/02

Darío Ruiz Gómez

Erzählungen. Übersetzt aus dem kolumbianischen Spanisch von Peter Schultze-Kraft, Rainer Schultze-Kraft, Gert Loschütz und Jan Weiz.. Verlag edition 8, Zürich 2011, 143 Seiten, EUR 15,80

Der kolumbianische Autor Darío Ruiz Gómez ist im deutschen Sprachraum so gut wie unbekannt; nur einmal war in einem Sammelband eine Erzählung von ihm vertreten. Dass dem nicht mehr so ist, verdanken wir dem unermüdlichen Vermittler und Übersetzer der Literatur Kolumbiens, Peter Schultze-Kraft.

Als der Autor 1936 in der Nähe von Medellín zur Welt kam, war die Hauptstadt des Departements Antioquia eine aufstrebende Industriestadt mit einer Bevölkerung von 120.000 Menschen. Heute lebt Ruiz Gómez immer noch in seiner engeren Heimat, in Medellín, nur dass diese Stadt mittlerweile zu einer Metropole mit etwa 20 Mal so vielen EinwohnerInnen geworden ist. Und sie sich zwischenzeitlich den Ruf eines Zentrums der Gewalt und des Drogenhandels erworben hat.

„So viele Tango-Lokale, die entstanden waren, weil die Menschen nicht fertig wurden mit ihrer Entwurzelung und ein Ventil für ihre Gefühle brauchten“ – dieser Satz aus der Erzählung „Ich würde dich auf Händen tragen“ umreißt die Stimmung, die viele der Geschichten trägt. Wie die der Kellnerin Amalia, die bei Gelegenheit auch ihren Körper verkauft, in einer Kneipe Medellíns als „Stadtführerin einer sprachlosen Schar Schutzsuchender“, die ihren Schmerz der Einsamkeit mit den Liedern vom verlorenen oder nicht erreichbaren Glück noch verstärken.

Man kann Geschichte, und insbesondere zeitgenössische Geschichte, auf verschiedene Art schreiben: als nüchterne Chronik der Ereignisse, als mitreißende Reportage, als vom Protagonisten erlebte Geschichte. Oder man kann sie zwischen den Zeilen erzählen, mitschwingen lassen. Der kolumbianische Autor ist ein Meister der letzteren Art. Er dokumentiert in atmosphärisch sehr dichter Form und mit großer Empathie die Gefühle und Stimmungen der Menschen, hinter denen auslösend die großen historischen Ereignisse der Epoche stehen: der Bürgerkrieg, die allgemeine Gewalttätigkeit, die Vertreibungen.

Der auch meisterhaft übersetzte Erzählband ist eine Geschichte Kolumbiens, die von den Stimmungen und Gefühlen der handelnden – oder stumm leidenden – Personen geschrieben wird. Die dadurch noch eindrucksvoller wirkt als eine Aufzählung von Daten und Fakten.
Werner Hörtner

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