Die jüngste Eskalation im Bananenkonflikt zwischen den USA und der EU läßt befürchten, daß im Welthandel härtere Zeiten anbrechen. Das bedeutet schlechte Chancen für mehr Sozial- und Umweltverträglichkeit im Bananenhandel.
Einerseits hatten die USA Mitte Jänner bei der WTO eine Reihe 100%iger Strafzölle auf EU-Exportprodukte im Wert von 520 Mio. US-Dollar beantragt, während die EU im Gegenzug „Section 301“ des US-Handelsgesetzes von 1974 aufs Korn nahm. Diese bildete in Vor-WTO-Zeiten die rechtliche Grundlage für unilaterale US-Sanktionen gegen ungezogene Handelspartner.
Andererseits zeigte sich plötzlich eine Lücke in den Streitschlichtungsregeln der WTO: Was hat zu geschehen, wenn sich Parteien uneins über die Durchführung der Empfehlungen eines WTO-Streitschlichtungsausschusses (Panels) sind?
Die EU betonte, Sanktionen könnten nur nach einer neuerlichen Befassung des Panels verhängt werden. Die US-Position dazu: Dies könne zu einer endlosen Reihe von Panel-Überprüfungen führen – mit der Effizienz der WTO in der Durchsetzung des Handelsrechts wäre es vorbei.
Der Ende Jänner erzielte Kompromiß: Ein WTO-Schiedsgericht soll binnen 30 Tagen über den zulässigen Umfang der von Washington beantragten Strafzölle entscheiden (nach EU-Auffassung liegt dieser bei Null). In der Zwischenzeit könnte eine Einigung herbeigeführt werden, hofft man.
In der Sache selbst geht es um Details der seit Jahresbeginn geltenden neuen Bananenmarktordnung der EU (siehe Kasten). Deren Version von 1993 sowie das Rahmenabkommen über Bananen, in dem die EU 1994 vier lateinamerikanische Exportländer (Costa Rica, Kolumbien, Nicaragua und Venezuela) begünstigt hatte, widersprachen in zahlreichen Punkten den WTO-Regeln, wie ein WTO-Panel im August 1997 abschließend erkannte.
Der EU wurde bis 1.1.1999 Zeit gegeben, für ihre WTO-Konformität zu sorgen. Nach Brüsseler Auffassung ist diese nun gegeben, nicht aber für die USA und nicht für Ecuador, das seinerseits im Dezember eine WTO-Überprüfung gefordert hat.
Betroffen war vor allem das Vergabesystem der Einfuhrlizenzen, mit dem Brüssel den Absatz der nicht oder wenig konkurrenzfähigen Bananen aus früheren europäischen Kolonien sichern wollte. Dazu ist die EU durch das Bananenprotokoll im Abkommen mit den AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) verpflichtet. Eines der Mittel: die Bevorzugung von Handelsunternehmen, die bereits bisher EU- und AKP-Bananen vermarktet hatten – ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot der WTO.
Die Zollpräferenzen für AKP-Bananen sind dagegen im wesentlichen durch eine WTO-Sondergenehmigung gedeckt, die bis Ende Februar 2000 gilt.
Den USA ist nun das nach wie vor limitierte Zollkontingent sowie die Referenzperiode für die Vergabe von Einfuhrlizenzen ein Dorn im Auge. Die Mengenbeschränkung sollte aufgehoben und dafür der Zoll von derzeit 75 Euro pro Tonne mit dem Ziel erhöht werden, die meisten AKP-Bananenexporte im Geschäft zu halten, so ein US-Vorschlag.
Wäre die EU zu Ausgleichszahlungen an AKP-Importeure analog zu EU-Bauern bereit, könnte die Zollerhöhung niedriger ausfallen, wird argumentiert. Und die Lizenzerteilung sollte nicht auf den Referenzjahren 1994-96 beruhen, denn in diesem Zeitraum hatte die EU-Regelung ja bereits zu einer Verzerrung der Marktanteile geführt.
Schließlich führen die USA an, daß die Aufhebung der AKP-Länderquoten gerade die Bananenexporte der karibischen Windwards-Inseln (St. Lucia, Dominica, Grenada) gegenüber konkurrenzfähigeren Produkten etwa aus Afrika benachteilige – oder anders gesagt: Wir, die USA, sind gar nicht die Bösen.
Und worum geht es Ecuador? Immerhin stiegen laut Weltlandwirtschaftsorganisation FAO die Bananenausfuhren Ecuadors von 1993 bis 1997 von 2,56 auf 4,46 Mio. Tonnen, während der Exportwert sogar überproportional von 550 Mio. auf 1.311 Mio. US-Dollar zunahm.
Worin besteht also der Schaden? Ebenfalls vor allem in der Wahl der Referenzjahre 1994-96 für die Bestimmung der Länderquote. Laut WTO-Regeln wäre diese danach zu berechnen, welche Marktanteile Ecuador ohne Importbehinderungen erreicht hätte. Und das wären weit mehr als die ca. 26%, die dem Andenland ab 1.1.1999 eingeräumt wurden, denkt man in Quito.
Für viele Kommentatoren ist jedoch nur einer schuld an der Eskalation: Carl Lindner, Chef des US-Bananenkonzerns Chiquita und für großzügige Wahlkampfspenden an beide politische Lager in den USA bekannt. Tatsächlich hat die EU-Bananenmarktordnung Chiquita am stärksten getroffen und einige Marktanteile gekostet, denn anders als Del Monte (Vereinigte Arabische Emirate, Mexiko) und Dole (USA) war Chiquita vor 1992/ 93 kaum im EU- und AKP-Bananengeschäft vertreten.
Der Verband karibischer Bananenexporteure (CBEA) verweist auch gerne darauf, daß sich Del Monte ausdrücklich mit der EU-Regelung einverstanden erklärt hat und auch Dole nichts gegen Brüssel unternehmen will.
Washington hat jedoch auch schwererwiegende Gründe, sich in Handelsfragen aggressiv zu zeigen. In den USA nehmen protektionistische Tendenzen zu, die US-Handelsbilanz weist ein Rekorddefizit auf, und die WTO ist nicht gerade populär. Sie wird als Gefährdung der US-Souveränität betrachtet, denn Washington mußte zuletzt vor der WTO einige Niederlagen hinnehmen.
Andererseits muß die EU laut WTO-Spruch im Frühjahr ihr Importverbot gegen hormonbelastetes US-Rindfleisch aufheben – da liegt es nahe, die entsprechende Bereitschaft der EU am Beispiel Bananen zu testen.
Wie immer auch eine WTO-konforme Lösung aussieht, die hauptbetroffenen Produzenten der Windwards haben von ihr wenig zu erwarten.
Ihnen bläst – anders als den mit Ausgleichszahlungen versorgten EU-Bauern – der schneidende Wind des Wettbewerbs immer heftiger um die Ohren.
Während sich ProduzentInnen in Afrika, aber auch in der Dominikanischen Republik mittelfristig halten könnten, sind sie wohl auf Großzügigkeit der EU angewiesen, falls eine WTO-Einigung ihre Absatzchancen weiter beschneiden sollte.
Die ist allerdings fraglich, denn die EU-internen Spannungen rund um das Agrar- und Entwicklungsbudget nehmen angesichts der geplanten Osterweiterung stetig zu.
EU-Einfuhrquoten etwa für „fair gehandelte“ Bananen wiederum wären erst möglich, wenn die WTO eine Unterscheidung nach der Herstellungsweise von Produkten zulassen würde. Danach sieht es derzeit nicht aus. Je härter Märkte umkämpft werden, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit einer Systemreform. Der EU-Rat hat die Kommission lediglich aufgefordert, sich bis März zur internen Förderung von Fair-Trade-Bananen zu äußern – das ist bis dato nicht erfolgt.
Einen positiven Effekt gibt es allerdings zu vermelden: Im Rahmen der Erhöhung der Quote für „Newcomer“ auf 8% kamen rund 1.600 Antragsteller zum Zug – darunter auch zahlreiche alternative Importeure, die bisher vor allem Kaffee und Tee einführten. Erfolgreiche Vermarktung vorausgesetzt, könnten also hierzulande in Zukunft mehr „saubere“ Bananen auf den Markt kommen.
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