Der in Mexiko lebende argentinische Dichter Juan Gelman will Aufklärung über das Kind seiner vor 23 Jahren von uruguayischen Militärs ermordeten Schwiegertochter.
Die Aufforderung besteht darin, Nachforschungen über das Schicksal seines Enkelkindes anzustellen, das der Dichter nie kennengelernt hat. In der Nacht vom 23. auf den 24. August 1976 wurden Gelmans Sohn Marcelo und dessen Frau Claudia in Buenos Aires von uruguayischen Militärs entführt und in ein Folterzentrum nach Montevideo gebracht. Der Sohn wurde 13 Jahre später erschossen aufgefunden, in einem Ölfass einbetoniert. Die Tochter, zum Zeitpunkt ihrer Entführung im achten Monat schwanger, blieb verschwunden.
Die eng zusammenarbeitenden argentinischen und uruguayischen Militärs entführten in der Zeit der Diktatur u.a. an die 500 schwangere Frauen. Deren Kinder wurden für gewöhnlich kinderlosen Militärs zur Adoption übergeben (vgl. dazu das Buch „Sara und Simon“ von Erich Hackl). 59 von ihnen sind mittlerweile wieder aufgefunden worden.
Bereits Ende des Vorjahres hatten sich knapp 100 namhafte AutorInnen aus aller Welt, darunter die drei Nobelpreisträger Günter Grass, Seamus Heaney und Wole Soyinka – und aus Österreich u.a. Friederike Mayröcker, Ernst Jandl, Erich Hackl, Karl-Markus Gauss – mit der Bitte an den uruguayischen Staatschef gewandt, eine Untersuchung über die beiden verschwundenen Familienangehörigen Gelmans einzuleiten. Und im Jänner beauftragte Sanguinetti tatsächlich den Oberbefehlshaber der Armee mit einer entsprechenden Nachforschung. Wie ernsthaft die Militärgerichtsbarkeit in den Wunden einer Vergangenheit wühlt, unter die sie längst einen Schlußstrich ziehen wollten, werden die nächsten Monate zeigen. Eines steht zumindest fest: Der neue Präsident Jorge Battle wird nicht umhin können, der Klärung der „Verschwundenenfrage“ größere Beachtung zu schenken als sein Vorgänger Sanguinetti. Wobei ihm die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit gewiss ist – dank solcher Aktionen wie die eingangs erwähnte Kampagne.
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