Was wir alles müssen! Der westliche Mensch des 21. Jahrhunderts muss in die Arbeit, muss wieder nach Hause und dazwischen noch „kurz die Welt retten“. Und dann muss er auch noch auf Urlaub fahren! Kein Wunder, dass es schon Burnout-Spezialisten für UrlauberInnen gibt!
Neulich traf ich meinen Bekannten Harry Ruhelos, der mir sein Dilemma klagte. Er braucht dringend Erholung, aber jetzt kommt der Urlaub, und er weiß nicht recht, wie Urlaub und Erholung zusammengehen sollen. Weil: Der Urlaub steht ja auch für ein Lebenskonzept, für ein Lebensgefühl. Harry ist ein weltoffener Mensch und kann deshalb nicht einfach nur in die Steiermark oder nach Kärnten fahren, wo die Leute Trachtenjacken tragen und fremdenfeindliche Parteien wählen. Daher tendiert er Richtung Asien. Das Ayurveda-Fasten dort soll ziemlich grooven. Aber damit beginnen die Probleme: Hat man sich für eine Fernreise entschieden, muss man sich einen Reiseführer kaufen, vorher aber zwei lesen, um zu entscheiden, welcher der bessere ist. Dann muss man einen Sprachkurs besuchen, sich Impfungen abholen und sich „proaktiv“ auf die Sitten und Gebräuche einstellen.
„Und wenn du dann im Urlaubsland bist, wäre es halt super, wenn du vorher nicht irrtümlich die falsche Sprache gelernt hast“, stöhnte Harry. Und dann, er zögerte kurz, sagte er mir dann aber doch unter vier Augen: „Was mich am meisten stresst in fremden Ländern: Ich muss ja dort so tun, als ob ich mich für Land und Leute interessiere!“ Dabei sei ihm eh schon alles zu viel. Und bei einem Volkshochschulkurs „Wir trainieren für den Ballermann“ will er sich auch nicht anmelden. Ob ich eine Alternative wüsste? Da erinnerte ich mich an meinen alten Freund Massi, der eine tolle Initiative ins Leben gerufen hat: www.sustainablecouch.at – die auch kürzlich im Südwind-Magazin vorgestellt wurde (SWM 5 / Seite 10).
Man bietet wie beim normalen Couchsurfing wildfremden Reisenden für einige Tage einen Platz in der eigenen Wohnung an. Die nachhaltigen Couchsurfer teilen als Gastgeber und Gäste ihre Erfahrungen mit einem fairen nachhaltigen Lebensstil. Gemeinsam geht man zu interessanten „fairen und ökologischen Plätzen“ und knüpft ein positives Freundschaftsnetz über die ganze Welt. Ist man selbst auf Reise, hat man die Gelegenheit die neuen Freunde zu besuchen. „Vielleicht entspannt dich das, wenn sich jemand für dein Leben interessiert“, sagte ich und stellte mir vor, wie steirische Bergbauern als Couchsurfer in Wien bei Harry Ruhelos übernachten.
Georg Bauernfeind ist Kabarettist und Publizist in Wien. Programm und Termine auf www.georg-bauernfeind.at
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