Asien in Wien

Von Ralf Leonhard · · 2010/05

In Österreich leben 100.000 in Asien (außer Türkei) geborene Menschen. In Wien bemüht sich nun eine Initiative, zumindest die südostasiatische Identität zu pflegen.

W -PINOY 1“ ist ein Autokennzeichen in Wien. Pinoy, so nennen sich die Filipinos. Auf einem Foto stützt sich ein Filipino sichtlich stolz auf das Heck seines roten Cabrios. „Mein Vater ist über seine philippinische Autonummer sehr glücklich!“, so der Begleittext zum Foto des 16-jährigen Stefan Carda. Es ist eines der prämiierten Bilder aus dem Projekt „viennasian“. Asien in Wien – so lautete die Aufgabenstellung für Jugendliche und junge Erwachsene von 14 bis 20 mit asiatischem Migrationshintergrund, die in Wien leben. Ein anderes Foto zeigt eine Chinesin vor dem Riesenrad, ein weiteres eine Japanerin mit einer Österreicherin in der Badewanne. „Unsere Absicht bei diesem Bild war es, die Wiener Badekultur mit der japanischen zu vergleichen und dabei auf die Jugendkultur zu verweisen, als ein Element, das diese beiden sehr unterschiedlichen Kulturen verbindet“, heißt es dazu.

Ersonnen wurde das großteils EU-finanzierte Projekt von der Gesellschaft für Südostasienwissenschaften/South-East Asian Studies (SEAS), die sich für den interkulturellen Dialog einsetzt. Nicht weniger als 100.000 in Asien geborene Menschen leben laut Statistik in Österreich. Dazu kommt die zweite und dritte Generation. So etwas wie eine asiatische Identität wird aber kaum gepflegt. SEAS wurde vor etwas mehr als fünf Jahren an der Universität Wien von Studierenden geboren, die sich mit dem einen oder anderen Land im Fernen Osten beschäftigt hatten, auf der Uni aber zu wenig Angebot für ihre Interessen vorfanden. Geschäftsführer Christian Bothe, geborener Franke, kam über Bangkok nach Wien: „In Bangkok habe ich Wiener kennen gelernt. Und ein Uni-Wechsel stand sowieso an.“ In Wien wurde der 28-Jährige durch Ländervorträge an der Universität auf den Verein aufmerksam.

Was unter „Förderung eines interkulturellen und interdisziplinären wissenschaftlichen Austausches zu Südostasien in Österreich“, wie in den Vereinsstatuten festgelegt, zu verstehen ist, legt jedes Mitglied nach seiner oder ihrer Fasson aus. Mitgründerin Sabine Putzgruber, inzwischen fertige Sozialanthropologin, zog einen Handel mit fair produzierten Kleidern aus Kambodscha auf. Projektpartnerin ist eine Frauengruppe in Kambodscha, die nach den Schnitten österreichischer Designer modische Kleider mit Ethno-Touch herstellt. „Just matters“ heißt der Verein, der die Textilien importiert und in Wien vermarkten soll.

Die Konferenz
Die 5. Südostasienkonferenz findet am 28. und 29. Mai in Wien statt (Tagungsort siehe Website); das Thema lautet: „Human Security in South-East Asia“. Bothe: „Es geht um einen Perspektivenwechsel. Sicherheit soll nicht in erster Linie als Problem der Grenzsicherung und Abwehr von Gefahren durch die staatlichen Sicherheitsorgane gesehen werden.“

Der UN-Bericht zur menschlichen Entwicklung von 1994 hat die menschliche Sicherheit als „Freiheit von Armut“ und „Freiheit von Angst“ definiert. Da geht es um Nahrungssicherheit ebenso wie um eine gesunde Umwelt und politische Sicherheit. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen jedes Jahr aus mehr Ländern. Diesmal liegen Anmeldungen aus China, USA, Thailand, Indonesien und mehreren europäischen Staaten vor.

Gemeinsam mit der Organisation Respect, die sich für sanften Tourismus einsetzt, wurden an den Volkshochschulen Workshops für Fernreisen, speziell Frauenreisen nach Indochina, angeboten. In den letzten Jahren konzentriert sich SEAS allerdings vor allem auf die jährliche Südostasienkonferenz und die Herausgabe einer wissenschaftlichen Zeitschrift, ASEAS, von der 2009 zwei Nummern erschienen. Autorinnen und Autoren kommen aus aller Welt. Selbst das Redaktionsteam ist über die Kontinente verstreut. „Die Sitzungen finden per E-Mail und Telefon statt“, erläutert Christian Bothe. Die jüngste Ausgabe befasst sich unter anderem mit Konfliktmanagement in der ASEAN, dem Südostasiatischen Staatenbund, mit Grenzkonflikten in Indochina und den Gefahren der Palmölproduktion.

 

SEAS ist zwar ein vorwiegend akademischer Verein, doch bemüht man sich derzeit verstärkt um Vernetzung mit der asiatischen Community in Wien. China- und Thai-Restaurants werden dabei ebenso angesprochen wie Kampfkunstvereine oder Folkloregruppen. Sie werden als unterstützende Mitglieder geworben, sollen aber über SEAS auch mehr Öffentlichkeit bekommen. AsiatInnen dauerhaft einzubinden sei schwierig, meint Bothe, der von Erfahrungen mit älteren Zuwanderern berichtet, die nur mittels ihrer deutschsprachigen Kinder kommunizieren konnten. Die junge Generation wiederum sei so gut integriert, dass sie wenig Interesse an den Aktivitäten des Vereins zeige. Deswegen seien derzeit fast alle Mitglieder aus Österreich oder Deutschland.

www.seas.at, zur Foto-Ausstellung www.viennasian.at

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