Aktiv werden und Spaß haben

Von Nora Holzmann · · 2012/05

Reisen für eine bessere Welt: Die in Wien entstandene Initiative Sustainable Couch stellt Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt des Reiseerlebnisses.

Am besten schläft es sich in der Fremde nicht in anonymen Hotelzimmern, sondern auf einer privaten Couch, selbst wenn diese schon ihre besten Zeiten hinter sich haben sollte. Das finden die bis zu 3,5 Millionen Reisenden, die per CouchSurfing unterwegs sind. Ein kostenloser Schlafplatz, kultureller Austausch, Unternehmungen mit Fremden, die zu FreundInnen werden: Immer mehr Menschen sind von den Vorteilen, die Gastfreundschaftnetzwerke wie CouchSurfing (siehe Kasten) bieten, überzeugt.

Die Initiative Sustainable Couch will noch mehr. Der internationale Austausch soll nicht nur Spaß bringen, sondern Ideen und Initiativen zu mehr Nachhaltigkeit verbreiten. Massimiliano Schilirò, der Sustainable Couch im vergangenen Jahr gegründet hat, war zuvor schon jahrelang als leidenschaftlicher Couchsurfer unterwegs. Doch etwas fehlte ihm dabei. „In jedem Bereich meines Lebens war Nachhaltigkeit ein wichtiger Aspekt für mich, nur beim Couchsurfen kam das irgendwie zu kurz.“

Spontan gründete Massimiliano eine CouchSurfing-Nachhaltigkeitsgruppe in Wien, wo er für eine entwicklungspolitische Organisation arbeitete. Zwölf Leute kamen zum ersten Treffen und die, das war schnell klar, wollten nicht nur reden, sondern auch aktiv werden. Die Initiative Sustainable Couch entstand, und mittlerweile zählt sie 350 Mitglieder.

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Seit einigen Jahren werden kostenlose, internetbasierte Gastfreundschaftsnetzwerke, kurz „hospex“ (hospitality exchange networks), immer erfolgreicher. Auf dem Prinzip des Austauschs beruhend werden für Reisende Unterkünfte, aber auch andere Formen der Unterstützung angeboten.

CouchSurfing: Eine Erfolgsgeschichte – 3,5 Millionen Mitglieder und täglich kommen etwa 2.000 hinzu. Durchschnittsalter 28 Jahre. Die meisten Sofas sind in Europa und den USA zu haben, aber die Zahl der Couch-AnbieterInnen in Afrika, Asien und Lateinamerika wächst.

Hospitality Club: Neben CouchSurfing das größte Gastfreundschaftsnetzwerk weltweit. Gegründet wurde es vom Friedensaktivisten Veit Kühne, der als einer der ersten das Potenzial des Internets als Austausch-Plattform für Reisende erkannte und nutzte.

BeWelcome: Eine Abspaltung des Hospitality Club und mittlerweile unter den meistgenutzten Gastfreundschaftsnetzwerken. Das erste, das Online-Profile in fast vierzig verschiedenen Sprachen möglich macht.

SERVAS Open Doors: Das älteste Gastfreundschaftsnetzwerk wurde 1949 nicht in Österreich – wie der Name glauben lassen könnte – sondern in den USA vom Pazifisten Bob Luitweiler gegründet. Es konnte in seiner Ausweitung mit den später entstandenen Internet-Netzwerken nicht mithalten. Etwa 16.000 Mitglieder, viele davon über 50 Jahre alt.

Diese möchten nicht nur auf Reisen gehen und interessante Menschen kennen lernen, sondern dabei auch ein kleines bisschen die Welt verändern. Wer auf der Sustainable Couch surft, will Aspekte der ökologischen, sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit unter die Leute bringen – ob als GastgeberIn, Gast, ReisendeR oder als Mitglied der lokalen Couch-Community. „Die Idee dahinter ist ganz simpel: Wir wollen uns mit dem komplexen Thema Nachhaltigkeit auf eine pragmatische Art auseinander setzen, aktiv werden und dabei Spaß haben“, meint Massimiliano.

Wie kann dies in der Praxis aussehen? Zum Beispiel so wie bei Michael: Er stellt seinen Gästen einen Stadtplan und ein Fahrrad zur Verfügung und geht mit ihnen einen FairTrade-Kaffee trinken. Oder wie bei François, der sich viel Zeit nimmt: Er reist von Frankreich nach Indien mit dem Fahrrad und setzt so seine Idee von nachhaltigem Reisen um. Und dann sind da noch Ben und Teresa, Mitglieder der Nachhaltigkeitsgruppe in Wien, die einen Nachhaltigkeitsquiz und Straßenaktionen organisieren. Außerdem haben sie bei jedem größeren Treffen eine „Free Box“ dabei. Wer etwas abzugeben hat, kann das gleich tun – vielleicht sucht jemand anderer genau dieses Stück.

„Das Wichtigste dabei: Es handelt sich nicht um Regeln, sondern um Vorschläge, Tipps, Ideen“, erklärt Massimiliano. „Sie mögen teilweise selbstverständlich oder banal wirken, sind es aber nicht, weil sie auf wichtigen Elementen wie Solidarität, sozialer Gerechtigkeit und Antirassismus beruhen.“
Couch-Hotspot Europa: Wie auch beim klassischen CouchSurfing kommt bei Sustainable Couch die Mehrheit der Mitglieder – noch – aus den wohlhabenden Ländern dieser Welt, die meisten davon aus Österreich. Überhaupt ist die Zusammensetzung von Gastfreundschaftsnetzwerken nicht so heterogen, wie man vielleicht annehmen würde. Zugang zum Internet und englische Sprachkenntnisse sind in der Regel Voraussetzung, um am Austausch teilzuhaben. Sein Netzwerk vielfältiger zu gestalten und den Kreis derer, die nachhaltig Couch surfen, zu erweitern, das hat sich Massimiliano zum Ziel gesetzt. Im Herbst ist er auf eine lange Reise durch Lateinamerika aufgebrochen und schläft dabei sowohl auf Fußböden als auch in bequemen, frisch bezogenen Betten.

Nähere Informationen auf www.sustainablecouch.org

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