Begeisterung für die afrikansche Fußballmeisterschaft eint den Kontinent. Gesiegt hat Tunesien.
Schon die Kulisse im riesigen Oval des Rades-Stadion in Tunis flößt Respekt ein. Stunden vor dem Anpfiff des Finales der afrikanischen Meisterschaft fiebern über 50.000 TunesierInnen, fast alle mit den rot-weißen Nationalflaggen ausgerüstet, dem ersten Sieg in der 47-jährigen Geschichte des Afrika-Cups entgegen. Nach dem Niederringen der Fußball-Giganten Senegal und Nigeria zweifelt im Stadion niemand daran, dass auch die „Löwen des Atlas“ aus Marokko zu bezwingen sind. Nach dem gnadenlosen Niederpfeifen der marokkanischen Hymne beginnen die Tunesier das Spiel mit einem Offensivlauf.
Die Erlösung für Tunesien beschert Dos Santos. Der eingebürgerte Brasilianer versetzt mit seinem Kopfballtor nach nur fünf Minuten das kleinste Land des Maghreb in Extase. Hunderte bengalische Feuer und Raketen werden gezündet und „Tunisie, Tunisie“ Sprechchöre angestimmt. Am Ende heißt es verdient 2:1 für die „Adler aus Karthago“.
In der Folge strömen über hunderttausend Menschen jubelnd auf die Avenue Habib-Bourguiba im Zentrum der Hauptstadt, noch bis in die Nacht hinein bewegen sich endlos hupende Autokolonnen entlang der Prachtstraße.
Die gleichgeschalteten Zeitungen und das staatliche Fernsehen vergessen nicht, Präsident Ben Ali bei der Pokalübergabe prominent ins Bild zu rücken. In den nationalistisch aufgeladenen Freudentaumel mischt sich aber auch Kritik. „Uns geht es wirtschaftlich gut“, meint ein lokaler Mitarbeiter der BBC, „aber was die Politik und die Menschenrechte angeht, da haben es die Marokkaner viel besser, hier steht hinter jeder Ecke ein Polizist“. Die Scharmützel zwischen der Polizei und urbanen Jugendlichen während der Siegesfeiern können so durchaus als Widerstand gegen das repressive Regime Ben Ali gedeutet werden.
Der 24. Coupe d’Afrique des Nations, die afrikanische Fußballmeisterschaft, hat aber auch einmal mehr die integrative Kraft des afrikanischen Fußballs offenbart. Dass sich Ruanda zehn Jahre nach der Ermordung von 800.000 Tutsi und regimekritischer Hutu erstmals für den kontinentalen Prestigebewerb qualifizierte, wurde schon als Sensation gewertet. Aber als sich die Amavabui (Wespen) nach dem 1:1 gegen Guinea und dem Sieg gegen DR Kongo schon im Viertelfinale sahen, war das Wunder fast perfekt. Nur das späte Ausgleichstor von Guinea gegen Tunesien machte Ruanda einen Strich durch die Rechnung.
Ein positives Echo fand auch die Kampagne zur Erreichung der Millenniums-Ziele des UNDP, des Entwicklungsprogramms der UNO, gemeinsam mit den Organisatoren des Afrika-Cups.
Schon am Flughafen lachten die Starkicker Zidane und Ronaldo von den Plakatwänden und plädierten für die Halbierung des Anteils der in extremer Armut lebenden Menschen bis zum Jahr 2015. In den fünf Stadien wurden Banden mit den Slogans „Afrika 2015 – Gemeinsam gegen Armut“ und „Für eine AIDS-freie Generation“ platziert.
Auch die südafrikanische Spielergewerkschaft hat kürzlich ein ambitioniertes HIV/AIDS-Aufklärungsprojekt gestartet. Dabei werden einzelne Fußballer, Trainer und Funktionäre zu Multiplikatoren ausgebildet, die ihr Wissen an junge, fußballbegeisterte SüdafrikanInner weitergeben.
www.fairplay.or.at www.africa2015.org
Der Autor arbeitet am Wiener Institut für Entwicklungsfragen und Zusammenarbeit (VIDC) für die Antirassismus-Initiative FairPlay. Viele Farben. Ein Spiel.