Tamta Melaschwili
Roman. Aus dem Georgischen von Natia Mikeladse-Bachsoliani. Unionsverlag, Zürich 2012, 111 Seiten, EUR 16,95
Die georgische Autorin Tamta Melaschwili schreibt in ihrem Erstlingswerk über zwei Mädchen im Krieg. Zwei 13-jährige Rotznasen, die versuchen, sich und ihre Familien am Leben zu erhalten. Die Väter und Brüder sind im Krieg. Andere, die genug Geld zur Flucht hatten, sind schon längst über alle Berge. Nur Frauen, Alte und Kinder sind noch im Dorf. Aber wie überleben ohne Essen und Geld, dafür mit Toten und dem verminten Land?
Die Mädchen Ketewan und Ninzo müssen sich neben dem Erwachsenwerden um ihre kranke Großmutter und den kleinen Bruder, der verhungert, weil der Mutter die Milch ausbleibt, sorgen. Und sie versuchen, selbst ihre Probleme zu lösen. Sie füttern die Großmutter und suchen Kräuter für ihren wundgelegenen Körper, trösten kleine Buben, brechen in verlassene Häuser ein und stehlen sich Kleider, um hübsch zu sein. Denn wer will schon wie ein Kind aussehen, wenn der Körper langsam erwachsen wird? Auch Flirten mit den Wachposten ist eine Möglichkeit, sich das Überleben und den Erhalt von Zigaretten zu sichern.
Aber wie es so ist, ist der Ruf von Mädchen schneller verdorben als der von Burschen, und somit kommt Ninzo in Verruf. Sie ist die frechere der beiden, kümmert sich um Schlachtpläne und pfeift auf die Meinung der anderen. Nur ab zu, wenn Ketewan und Ninzo im Gras liegen und in den Himmel schauen, werden die Augen feucht und Verzweiflung greift um sich. Wie alles lösen ohne Hilfe von den Erwachsenen, die so sehr mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt sind, dass sie keine Stütze darstellen können?
Tamta Melaschwili beschreibt den Krieg auch und vor allem mit ihrer Sprache. Das Stakkato ihrer Sätze müht dem Leser Konzentration ab und verhindert ein Wohlfühlen. Ganz bewusst erweckt sie damit eine Unruhe und ein Unwohlsein, was dem Inhalt des Romans voll entspricht.
In Georgien war das Buch ein Erfolg und hat dort den Saba-Literaturpreis erhalten.
Christine Kohlmayr
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