Abtreibung als Privileg

Von Christine Tragler · ·

Warum in Nigeria niemand über Abtreibungen sprechen will und dennoch eine hohe Zahl in Folge von unsicheren Abbrüchen stirbt, berichtet die Menschenrechtsaktivistin Sybil Nmezi.

Wie gefährlich sind Abtreibungen in Nigeria?

In Nigeria ist Abtreibung nur erlaubt, wenn das Leben der Frau gefährdet ist. Die jährliche Müttersterblichkeitsrate im Land ist eine der höchsten der Welt: Sie beträgt 814 Todesfälle pro 100.000 Lebendgeburten (Anm. d. Red.: Im Vergleich: in Österreich sind es 5 Todesfälle pro 100.000 Lebendgeburten). Unsichere Abtreibung machen in Nigeria 13 Prozent der Müttersterblichkeit aus. Zudem leiden viele Frauen nach einem unsicheren Abbruch ihr Leben lang unter schwerwiegenden Komplikationen.

Bedeutet illegal immer auch unsicher?

Nicht unbedingt. Die Einschränkung erhöht jedoch die Zahl der Frauen, die illegale und unsichere Abtreibungen vornehmen lassen. Angesichts der vielen Familien, die unter der Armutsgrenze leben, sowie der geringen Alphabetisierungsrate im gesamten Land, hängt der Zugang zu sicheren Abtreibungen von Privilegien ab, wie dem Zugang zu Informationen, Einkommen, Transportmitteln und anderen Ressourcen. Die meisten nigerianischen Frauen bleiben zurück.

Werden in Nigeria gegenwärtig Kampagnen für oder gegen das Recht auf Abtreibung lanciert?

Mit Unterstützung der Anti-Abtreibungsbewegung wurde eine Kampagne inszeniert, um Selbstbestimmungsrechte von Frauen zu bekämpfen. Und dass, obwohl die Abtreibung bereits stark eingeschränkt ist. Abtreibungsgegner sind auf dem Vormarsch. Neben restriktiven Gesetzen sehen auch religiöse Anhänger und Anhängerinnen Abtreibung als Sünde an. Es gilt als ein gesellschaftliches Tabu darüber zu sprechen.

Und seit US-Präsident Donald Trump Abtreibung als Argument für die Kürzung der Entwicklungshilfe verwendet, hat sich der Diskurs weiter verschärft. Frauen sind noch stärker von Stigmatisierung, Diskriminierung und Belästigung betroffen, wenn sie Zugang zu Gesundheitseinrichtungen suchen.

Gibt es auch Gegenbewegungen?

Wenige. Grundsätzlich will auch in der feministischen Bewegung kaum jemand das Thema Abtreibung erwähnen.

Interview: Christine Tragler

Sybil Nmezi lebt und arbeitet als Menschenrechtsaktivistin in Nigeria. Vor 15 Jahren gründete sie die NGO Generation Initiative for Women and Youth Network (GIWYN) mit der sie versucht den Zugang zu reproduktiven Rechten für Frauen und Mädchen in Nigeria zu verbessern.

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