Desolate Buchhaltung, fehlende Transparenz und innere Richtungskämpfe haben das Wiener Afroasiatische Institut an den Rand des Abgrunds gebracht.
Dass die KommEnt-Subventionen für die Kernfunktionen – also Infrastruktur und Gehälter – im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen von 3,2 auf zwei Millionen Schilling gekürzt werden sollen, war spätestens im Vorjahr klar.
Wirtschaftsprüfer Hans-Ulrich Brandes hatte in einem Brief vom 28. Jänner für das laufende Jahr „Liquiditätsstockungen“ und für spätestens 2001 „ernsthafte Liquiditätsprobleme“ vorausgesagt.
Der Wirtschaftskrise des traditionsreichen Hauses steht in Zusammenhang mit der politischen Krise. Im Sommer 1998 hatte Rektor Petrus Bsteh im Alleingang bei Kardinal Christoph Schönborn neue Statuten durchgesetzt. Darin wurde die Funktion des Generalsekretärs abgeschafft und die Personalhoheit sowie die alleinige Vertretungsbefugnis nach innen und außen dem Rektor übertragen. Die zwei bis drei Personen, die den Vorstand ergänzen, kann er jetzt selber bestimmen und dem Kardinal zur Ernennung vorschlagen. Bis dahin war die Leitung kollegial bei Rektor, Generalsekretär und Kuratoriumsvorsitzendem gelegen. Das Kuratorium, das seit 1997 im Auftrag des Kardinals an einem neuen Statutenentwurf gearbeitet hatte, wurde durch diesen Vorstoß überrumpelt.
Auch bei Subventionsgebern und Belegschaft fand das neue Regime wenig Gegenliebe. Generalsekretär Christian Guggenberger, während des Urlaubs von seiner Kündigung überrascht, wurde durch eine großzügige Abfindung von einer Klage beim Arbeitsgericht abgehalten.
Was die meisten MitarbeiterInnen genauso irritierte wie die Machtfülle, die sich der ehemalige Afrikamissionar Bsteh verschrieb, war die Klerikalisierung und Abwendung vom entwicklungspolitischen Auftrag des Instituts. Rektor Petrus Bsteh, gleichzeitig Leiter der Kontaktstelle für Weltreligionen, sah die Pastoralarbeit mit den afro-asiatischen Gemeinden als vorrangiges Ziel, also die seelsorgerische Betreuung der Katholiken aus Ländern des Südens. Traude Novy von der Katholischen Frauenbewegung Österreichs erinnerte den Kardinal, dass auch „die entwicklungspolitische Bildung und Anwaltschaft“ zu den Aufgaben des AAI gehöre. Gegenüber dem Institut forderte sie, die Betriebskosten für die Seelsorge getrennt auszuweisen. Immerhin dotiert die Frauenbewegung das Stipendienprogramm jährlich mit zwei bis drei Millionen Schilling und förderte die Bildungsarbeit mit zuletzt öS 800.000,-.
Die Institutsführung verstand die Aufregung nicht. „Faktisch ist alles, was im AAI geschieht vor dem seelsorglichen Hintergrund zu betrachten. Das ist das Spezifikum eines kirchlichen Instituts, darf aber nicht ausdrücklich ausgesprochen werden, um nicht Geldflüsse versiegen zu lassen.“ So klagte Brigitte Proksch, Pastoralassistentin und Rektor Bstehs rechte Hand, im September 1999 in einem bitteren Brief an Professor Ulrich Biffl, den Vorsitzenden des AAI-Kuratoriums.
Das Wiener AAI sollte von Anfang an den Dialog zwischen den Weltreligionen fördern. Kardinal König hatte 1959 eine Begegnungsstätte für Studenten und Studentinnen aus Afrika und Asien geschaffen. Später kam die entwicklungspolitische Bildungsarbeit dazu.
Nachdem die Krise sich Anfang 2000 nach einer Serie von Kündigungen zuspitzte, setzte Schönborn eine Reformkommission ein, die den Vorstand „zum Rücktritt bewegte“, wie es ein Mitglied der Kommission ausdrückte. Die Leitung wurde an Konrad Spiegelfeld, den Chef der Katholischen Hochschulgemeinde, übergeben. Spiegelfeld selbst weilte im August auf Pilgerfahrt in Rom. Sein Wirtschaftsreferent Gerhard Lang bestätigte jedoch gegenüber dem SÜDWIND- Magazin, dass die Gesundung der Finanzen ein vorrangiges Ziel der neuen Mannschaft sei. Mit den Subventionsgebern seien gute Kontakte wiederhergestellt worden. An die Einstellung der entwicklungspolitischen Arbeit sei nicht gedacht: „Die steht ja im Statut drin.“ Das Ausmaß hänge allerdings von den Förderungen ab. Als sicher gilt, dass das Stipendienprogramm, das im Vorjahr rund 90 Studierende begünstigte, Abstriche erfährt. Im September soll der Vorstand ein Strategiepapier vorlegen. Dann wird die Entscheidung über Sein oder Nichtsein des AAI fallen.
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