Bei uns ist dieses Schlagwort noch wenig bekannt. Das soll sich ändern: Die Debatte um die Gemeingüter soll in Zukunft auch bei uns geführt werden.
In den letzten Jahren haben auch die sozialen Bewegungen die Thematik der Gemeingüter wieder entdeckt. Auf der Suche nach Alternativen zu unserem zerstörerischen Wirtschaftsmodell bringen sie den Schutz der Gemeingüter, der „Commons“, in die gesellschaftliche Diskussion und die politische Auseinandersetzung ein. Im vergangenen Jahr hat mit Elinor Ostrom sogar die weltweit renommierteste Commons-Forscherin den Wirtschaftsnobelpreis erhalten – die erste Frau überhaupt, der dieser Preis zuerkannt wurde. Auch infolge der Krisen, die die Welt erschüttern, kehrt das Nachdenken über Gemeingüter in die Öffentlichkeit zurück.
Doch was sind nun diese Gemeingüter, die römischen res communes – im Unterschied zu den vom Markt organisierten res privatae – oder commons auf Englisch? Eine Definition ist schwierig, da wir ihnen alle Tage begegnen und sie in ihrer Selbstverständlichkeit weitgehend unsichtbar bleiben. Es sind die Dinge, die uns nähren – wie Luft und Wasser –, die uns erlauben, miteinander zu kommunizieren, die niemandem alleine zustehen, Seen und Wälder, Biodiversität und kulturelle Vielfalt, Parks und Museen und Wissensbestände wie Bibliotheken und Datenbanken.
Historisch gesehen – und auch heute noch bei indigenen Völkern – befanden sich Gewässer, Wiesen, Wälder und Felder tatsächlich im Gemeindebesitz, waren Gemeinschaftsgüter bzw. Allmende (von All + Gemeinde). Heute beschränkt sich der Begriff jedoch nicht nur auf die Gaben der Natur, sondern wurde erweitert auf die von vorangegangenen Generationen erzeugten kulturellen Ressourcen und immateriellen Güter. Gemeingüter im Sozialen sind Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge ebenso wie Plätze und Freizeitanlagen. Oder in der Kultur die Sprache, die Bräuche, die geistigen Errungenschaften und schließlich auch der digitale Raum: die Projekte der freien Software, die „Wissens-Allmende“ als Gegenpol zum Privatbesitz an geistigen Gütern.
Mit dem Aufkommen des Kapitalismus wurden die Commons in Privateigentum umgewandelt. Die Nutzerinnen und Nutzer von Gewässern und Land wurden vertrieben und mussten fortan ihre Arbeitskraft verkaufen, da sie nichts anderes mehr hatten.
Beim Weltsozialforum 2009 in der brasilianischen Urwaldmetropole Belém wurde ein „Manifest zur Wiederaneignung der Gemeinschaftsgüter“ beschlossen und der Vorschlag geboren, den 15. Oktober zum Welttag der Commons zu erklären. Ein guter Termin, um sich auch in Österreich mit dem Thema näher auseinanderzusetzen. Die Gemeingüter-Debatte hat längst den Bereich der Allmende verlassen und ist so etwas wie eine strategische Plattform für die Forderung nach einem Systemwechsel geworden.
Bei einer Veranstaltung in Wien wird Silke Helfrich auftreten, Mitglied der internationalen Commons Strategy Group und Autorin des Buches „Wem gehört die Welt?“, weiters Armin Medosch, Fachmann für „Freie Netze“ und Sigrid Stagl von der Wirtschaftsuniversität Wien (siehe Termine S. 42).
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