Die kolumbianische Regierung verspricht seit einigen Jahren den internationalen Bergbaukonzernen „goldene Aussichten“. Einige der größten haben sich schon eingekauft im Land. Eine kleine Initiative des Fairen Handels versucht gegenzusteuern.
Text Wies Ubags, Fotos Ronald de Hommel.
In Kolumbien ist das Goldfieber ausgebrochen. Die Regierung bemüht sich sehr, internationales Kapital und ausländische Unternehmen ins Land zu holen. Tatsächlich ist die Goldproduktion viel versprechend. Nach Schätzungen der kolumbianischen Minenarbeitervereinigung können in diesem Sektor in den nächsten drei Jahren 3,3 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet werden. Die spektakulärste Lagerstätte ist La Colosa in der Nähe der Kleinstadt Cajamarca, fünf Autostunden westlich der Hauptstadt Bogotá gelegen. Sie gehört zu den zehn größten Goldvorkommen der Welt.
In den Medien des Landes wurde schon viel geschrieben worden über die Abbau-Pläne des südafrikanischen Konzerns AngloGold Ashanti, des weltweit drittgrößten Goldproduzenten, in Colosa. Man schätzt die dortigen Reserven auf mehr als zwölf Millionen Unzen und dass die Lagerstätte eine jährliche Produktion von 700.000 Unzen erlaubt. Der südafrikanische Konzern hat sich schon Explorationsrechte auf knapp 20.000 km2 gesichert.
Das kanadische Unternehmen Medoro Resources, das auf Goldabbau in Kolumbien spezialisiert ist, kaufte einen Teil einer der größten Minen Kolumbiens in der Nähe von Segovia und ist in der Mine von Marmato bereits aktiv, wo 7,5 Millionen Unzen lagern sollen. Ein weiterer kanadischer Konzern, Greystar Resources, hat die Gold- und Silberdepots von Angostura im Departement Santander in den nördlichen Anden aufgekauft.
Die Unternehmen und der Staat argumentieren, dadurch würden viele Arbeitsplätze geschaffen (z.B. 1.200 ständige Jobs in La Colosa), und kolumbianische Körperschaften würden durch die Abgaben der ausländischen Konzerne Einkünfte erzielen. Viele befürchten jedoch immense Umweltschäden, die durch den Abbau verursacht werden. Und es sind nicht nur die UmweltschützerInnen, die den Wald und die Flüsse schützen wollen. Die Reisbäuerinnen und -bauern in der Gegend von Cajamarca sind besorgt, da die AngloGold Ashanti für ihre Abbautätigkeit viel Wasser benötigen wird.
Eine der Gegenden, in die die Multis – bis jetzt – fast noch nicht vorgedrungen sind, ist der Chocó, ein an Flüssen und Wäldern sehr reiches Departement im Westen des Landes; eine schwer zugängliche und durch die Anwesenheit bewaffneter illegaler Gruppen sehr unsichere Region mit vorwiegend afro-kolumbianischer Bevölkerung. In der Zeit der Kolonialherrschaft kamen 40 Prozent der weltweiten Goldproduktion aus dem Chocó, weshalb viele afrikanische SklavInnen benötigt wurden. Heute suchen die Menschen dort nicht nur Gold, sondern auch Platin, ein sehr hartes Edelmetall, das in der Schmuckproduktion und auch in der Industrie, v.a. in der Kraftfahrzeugbranche, Verwendung findet. Platin erzielt am Weltmarkt einen höheren Preis als Gold. Es wird von Menschen gefördert, die mit altertümlichen Methoden arbeiten und meist in Armut leben.
Wie Everco Asprilla, der zusammen mit seinem Bruder Hito ein Stück Land am Rande des Condoto-Flusses bearbeitet. Er richtet einen starken Wasserstrahl auf den Lehmboden, aus dem sich ab und zu große Erdstücke lösen. Es ist fast ein Wunder, dass sie ihn nicht zu Fall bringen. „Ich habe noch nicht viel verdient!“ schreit Everco mit einem ironischen Lächeln und versucht, den Lärm des Wasserstrahls zu übertönen. „Hoffentlich habe ich bald mehr Glück!“ In der Rinne, die er aus dem Boden ausspült, wird er später das Gold aussuchen, wobei er das lehmige Wasser und die Steine trennt. Er verwendet kein Quecksilber dafür, wie sonst üblich.
Viele Goldschürfer wie die Gebrüder Asprilla arbeiten nicht nur auf ihrem eigenen Stück Boden, da das zu wenig bringt, sondern sie verdingen sich auch bei den großen Unternehmen. Diese organisieren ungefähr alle zwei Wochen ein so genanntes „barreque“. Dabei bekommen die Goldschürfer die Gelegenheit, das wertvolle Metall im Gestein am Rande der Wasser- und Schlammbecken zu suchen, in denen die Konzerne mit ihren Baggern tätig sind.
Clara Hidrón, die Geschäftsführerin der Hilfsorganisation „Amichocó“, die wiederum ein Teil von „Oro Verde“ ist, kennt das Problem. „Wir können den bei uns organisierten Familien nicht sagen, dass sie bei dem Barreque nicht mittun sollen, denn sie brauchen dieses Gold für ihren Unterhalt. Aber sie können das so geförderte Gold nicht über Oro Verde verkaufen. „Eines unserer Ziele besteht ja darin, die Goldschürfer zu befähigen, ihre Fördertechnik zu verbessern und mehr Gold aus ihren eigenen Grundstücken zu holen.“
Die kolumbianische Organisation Oro Verde, „Grünes Gold“, begann vor zehn Jahren, die privaten Bergarbeiter beim Fördern von Gold und Platin im Departement Chocó zu unterstützen. Man begann mit 60 Familien, heute haben sich bereits 1.012 der Initiative angeschlossen. Diese NGO wird von der „Allianz für verantwortlichen Bergbau“ (ARM) – siehe Kasten – unterstützt.
Oro Verde
„Grünes Gold“ ist Teil einer Initiative der „Allianz für einen verantwortungsvollen Bergbau“ (Alliance for Responsible Mining, ARM) mit Sitz in Kolumbien, aber einem internationalen Vorstand. Das Bündnis entstand 2004 zum Schutz der Interessen der privaten SchürferInnen im Kleinstbergbau bei Gold, Silber und Platin. Die Idee ist, dass die Bergbauwirtschaft eine soziale und ökologische Verantwortung entwickelt.
Die ARM hat einen Standard namens „Zero“, Null, ausgearbeitet. Sie ist in Kolumbien, Ecuador, Peru und Bolivien aktiv und beginnt nun auch in Ghana und Mosambik. Der Standard Zero leitet sich von den Kriterien des „grünen Goldes“ ab. Grundlegend dabei ist die Sanierung der Umwelt. Die Verwendung von Quecksilber und Zyanid ist verboten, die soziale Lage und die Arbeitsbedingungen der SchürferInnen und ihrer Familien sollen verbessert werden. W.U.
Alliance for Responsible Mining: www.communitymining.org
In dieser Zeit des Goldfiebers möchten viele der großen Unternehmen auch im Chocó Schürfrechte bekommen, erklärt Hidrón. Es gibt viele entsprechende Anträge. „Die Gemeinschaften in der Region können nicht verhindern, dass sie kommen. Doch was wir sehr wohl tun können ist, mit ihnen zu verhandeln, damit sie Arbeitsplätze schaffen, die Umweltschäden wieder beheben und zur Bildung der Menschen einen Beitrag leisten.“
Für die Goldschürfer ist jedoch am wichtigsten, dass sie mehr Käufer für das „grüne Gold“ finden. Dadurch bekommen sie mehr Anreize, sich dem Programm anzuschließen und am eigenen Grund zu arbeiten, statt zum Barreque zu gehen. „Gegenwärtig haben sich 5% der Goldschürfer dem Oro Verde-Programm angeschlossen.“
Patrick Schein, Vorstandsmitglied der „Allianz für einen verantwortungsvollen Bergbau“: „Es ist eine große Herausforderung für die Branche, den Verbraucher zu überzeugen, dass das Gold aus dem Fairen Handel ein besseres Produkt ist. Kein besseres Produkt wegen seiner Qualität, doch besser wegen der Bedingungen, unter denen es erzeugt wurde. Wir müssen die Öffentlichkeit über die Vorgänge im Bergbau aufklären. Die große Frage ist, ob die Produktion den lokalen Gemeinschaften einen Nutzen schafft oder den Aktionären der Unternehmen.“
Schein erkennt an, dass die Konzerne sich bemühen, ihr Image zu verbessern. „Doch das ist Augenauswischerei“, meint er. „Mich interessiert zum Beispiel, ob sie nun bei der Förderung in der Zone X 10.000 Personen einstellen oder nur 100. In Anbetracht des Schadens, den sie anrichten, ist diese Frage wichtig. Und die Abgaben und Steuern, die sie entrichten, kommen nicht der ansässigen Bevölkerung zugute, sondern dem Staat. Wir von der ARM verlangen auch einen sozialen Mehrwert.“
Der ARM-Aktivist kündigt eine Kampagne seiner Organisation zusammen mit der FLO an, der internationalen Dachorganisation für Fairen Handel, um das Gewissen der VerbraucherInnen wach zu rütteln. „Wir werden 2011 in Großbritannien beginnen, denn dort haben wir am meisten Unterstützung seitens der NGOs. Und dann werden wir sehen, wo in Europa wir weitermachen.“
Die holländische Journalistin Wies Ubags lebt und arbeitet seit acht Jahren in Kolumbien und ist vor allem als Korrespondentin niederländischer Medien tätig.
Der holländische Fotograf Ronald de Hommel arbeitet als freiberuflicher Fotojournalist und lebt in Amsterdam und Paris.
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