Klimaschutz auf dem Feld

Von Monika Schneider-Mendoza · ·
Gruppenbild der Teilnehmenden des ersten African Youth Summit on Food Systems and Agroecology
Die Teilnehmenden des ersten African Youth Summit on Food Systems and Agroecology © AFSA

Was macht die „Aufrechte Studentenblume“ am Acker? Statt auf mehr Technik setzen afrikanische Agrar-Aktivist:innen auf Leben im Boden und neue, alte Ideen.

2019 hat der Zyklonsturm Idai in Ostafrika schwere Zerstörungen angerichtet. Melissa Takudzwa Murwira aus Simbabwe hat zu diesem Zeitpunkt in Indien Wirtschaft studiert. Die Auswirkungen des Sturms verfolgte sie über Familie, Freund:innen und Medien mit. „Tausende Menschen haben ihr Zuhause verloren, Hunderte auch ihr Leben. Ganze Ernten wurden zunichte gemacht, viele Familien haben sich bis heute nicht davon erholt. Das hat mich sehr mitgenommen“, erzählt sie im Gespräch mit dem Südwind-Magazin.
Für Takudzwa Murwira war damals klar, sie möchte sich engagieren. Heute leitet sie die Organisation Young Volunteers for Environment und setzt sich für kleinbäuerliche Landwirtschaft ein. Ihr Fokus: die Verbindung von Ernährung und Klimakrise. Die Landwirtschaft ist für ein Drittel der menschgemachten Treibhausgase verantwortlich. Das geht aus einem Bericht der Welternährungsorganisation von 2022 hervor. Besonders Rodungen für neue Ackerflächen und die Massentierhaltung wirken sich auf das Klima aus. „Früher sagte man nach Stürmen oder Überflutungen: Das wird schon wieder. Aber die Daten zeigen, es wird schlimmer“, so Takudzwa Murwira. Ernährung sieht sie als Werkzeug, um die Klimakrise zu bekämpfen. 

Gut für die Gemeinschaft

Laut Simon Peter Bukenya müsse man ein ähnliches Feld (wieder) beackern:  „Agrarökologie gibt es schon seit Ewigkeiten. Das ist keine neue Erfindung“, sagt der Ugander. Er arbeitet für das größte zivilgesellschaftliche Netzwerk für Ernährungssouveränität in Afrika: die Alliance for Food Sovereignty in Africa (AFSA). Heimisches Saatgut, Mischkulturen und indigenes Wissen über Pflanzen und die Umwelt ermöglichen widerstandsfähigere Agrarökosysteme und eine Landwirtschaft, die ohne Import und Export auskommt, erklärt er. Es ist eine natürliche Art Landwirtschaft zu betreiben, mit den Dingen, die vor Ort vorhanden sind.
Der 28-jährige erzählt: „Mein Wissen habe ich, weil ich schon früh auf den Feldern meiner Familie mitgeholfen habe. Wir bauten hauptsächlich Kochbananen an, setzten aber auch Hülsenfrüchte, Hirse und die Aufrechte Studentenblume, um Blattläuse zu vertreiben“, so Bukenya. Er fügt hinzu: „Es ist ein Kreislauf und ein Lebensstil: aufstehen, in den Garten gehen, schauen was die Pflanzen und Tiere brauchen und was reif ist. Das heißt für mich Verantwortung dafür mitzutragen, dass es etwas zu essen gibt“. Laut Bukenya nütze das, was der Gemeinschaft nützt, auch der Umwelt. Menschen, die gemeinsam handeln, träfen bessere Entscheidungen, als jene die nur die eigenen Interessen verfolgen.

Landwirtschaft braucht Nachwuchs

„Viele junge Menschen stehen vor ähnlichen Herausforderungen – unabhängig davon, wo sie leben“, meint Bukenya. Er habe gehört und gelesen, dass in Österreich die Jungen nicht mehr in der Landwirtschaft arbeiten wollten. „Aber wenn die Landwirtschaft in den Händen von immer weniger Menschen oder auch Unternehmen liegt, haben diese immer mehr Macht über das Ernährungssystem“, gibt er zu bedenken. 
Die Zahlen dahinter: 1974 haben laut Statistik Austria noch 387.000 Menschen in der österreichischen Landwirtschaft gearbeitet, 2023 waren es nur noch 140.000 Personen. Die Jungen für Themen der Landwirtschaft zu erreichen, scheint nicht nur in Österreich eine Herausforderung zu sein. „Alle wollen essen, aber nicht alle interessieren sich für die Herstellung von Lebensmitteln. Doch unsere Bewegung um Agrarökologie wächst“, sagt Takudzwa Murwira.
Mit dem 1000 African Youth Summit, einem Jugendgipfel in Addis Abeba, bei dem es um Strategien zur Bewältigung der Klimakrise und den Herausforderungen der Ernährungssysteme in Afrika geht, haben Bukenya und Takudzwa Murwira mit ihren Organisationen im Herbst 2024 einen Meilenstein gesetzt. 1.000 junge Menschen aus 49 afrikanischen Ländern haben daran teilgenommen. Doppelt so viele hatten sich beworben. Das große Interesse daran gibt Takudzwa Murwira Kraft: „Wir können die nachhaltige Zukunft haben, die wir uns wünschen. Und wir müssen weitermachen für die, die nach uns kommen. Wir sagen immer: ‚Africa is our business‘, und ich möchte das noch erweitern. Die Welt geht uns alle etwas an!“.

Auf Einladung von Südwind besuchen Melissa Takudzwa Murwira und Simon Peter Bukenya während eines Aufenthaltes in Österreich zahlreiche Vertreter:innen aus Politik, Medien, Unternehmen und Landwirtschaft, um einen kleinbäuerlichen Austausch zu fördern und einen Systemwandel hin zum Konzept der Agrarökologie in Afrika voranzubringen.

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