Wie Unternehmen in Österreich systematisch von der Ausbeutung von Migrant:innen profitieren – und warum letztlich wir alle den Preis dafür zahlen.
Ein Kilo Erdäpfel um 1,99 Euro, 500 Gramm Karotten um 1,49 Euro und Kraut um 99 Cent. Fragen Sie sich auch manchmal, wie es möglich ist, Lebensmittel so billig anzubieten? Wie kommen diese Preise zustande? Und wie viel bekommen die Menschen, die das Gemüse auf den Feldern ernten?
Diesen und anderen Fragen ist der Journalist und Autor Johannes Greß in seinem Buch „Ausbeutung auf Bestellung“ nachgegangen. Dafür hat er mit Menschen aus Ungarn, Syrien, Indien und Rumänien über ihre prekären Arbeitsverhältnisse in Österreich gesprochen, exemplarisch aus den Bereichen Paketzustellung, Essenslieferung, Reinigung und Forstarbeit. Sie berichten von überlangen Schichten, fehlenden Pausen, unbezahlten Überstunden, ausstehenden Löhnen und fragwürdigen Verträgen – und das mitten in Europa. „Die Betroffenen eint, dass sie für das Funktionieren der österreichischen Gesellschaft unverzichtbar sind – und dafür Unmenschliches erfahren“, sagt Greß, der auch regelmäßig für das Südwind-Magazin schreibt.
Wer profitiert. Ausbeutung ist kein Naturgesetz. Konsequent argumentiert Greß, dass diese unwürdigen Arbeitsbedingungen bewusst so hingenommen und entschieden werden – von politischen und wirtschaftlichen Akteur:innen.
Während Unternehmen profitieren, werden die Kosten für Schleuderpreise und nicht gezahlte Steuern letztlich von uns allen in Form von Lohn- und Sozialdumping getragen. Konsumboykott sei aber keine Lösung, so der Autor, das sei „der unpolitische Versuch, ein politisches Problem zu lösen“. Was es stattdessen braucht? Die Gewerkschaften müssten sich neu aufstellen, politische Strategien jenseits der traditionellen Betriebsräte und Kollektivverträge entwickeln, mehr Demokratie wagen und Räume für Unerprobtes öffnen, schlägt Greß vor. Damit liefert er keine einfachen Antworten, aber viele unkonventionelle und dringend notwendige Denkanstöße.
Johannes Greß
Ausbeutung auf Bestellung
ÖGB-Verlag, 2024
268 Seiten, € 22,90
Berichte aus aller Welt: Lesen Sie das Südwind-Magazin in Print und Online!
Mit einem Förder-Abo finanzieren Sie den ermäßigten Abo-Tarif und ermöglichen so den Zugang zum Südwind-Magazin für mehr Menschen.
Jedes Förder-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.
Mit einem Solidaritäts-Abo unterstützen Sie unabhängigen Qualitätsjournalismus!
Jedes Soli-Abo ist automatisch ein Kombi-Abo.