Perspektiven aus Afghanistan und dem Iran brachten Expertinnen im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der Diplomatischen Akademie nach Wien.
Zehn Jahre nachdem Schweden als erstes Land verkündet hat, dass es seine Außenpolitik feministisch gestalten würde, ist der Ist-Stand der Feministischen Außenpolitik mit Blick auf den Nahen Osten ernüchternd. Zu diesem Schluss kamen die politische Analystin Barbara Mittelhammer, die Forscherin Diba Mirzaei, und die afghanische Menschenrechtsaktivistin Horia Mosadiq, in einer vom Vienna Institute for International Dialogue and Cooperation (VIDC) organisierten und von Autorin Tyma Kraitt moderierten Veranstaltung Mitte Oktober.
Friedenspolitik für alle
Derzeit haben sich 14 Länder zur Feministischen Außenpolitik (FAP) bekannt und stehen damit auch für den 3R-Ansatz – gleiche Rechte, Zugang zu Ressourcen und gleichberechtigte Repräsentation von Frauen und Mädchen, also auch in den Ministerien und Botschaften.
Die FAP versteht sich als Friedenspolitik, die unterdrückte Gruppen in den Mittelpunkt stellt. Eine Politik nicht nur für Frauen, sondern für alle Menschen. Die Zahlen und Fakten sprechen eindeutig dafür: Der Erfolg von Friedensabkommen steigt um 35%, wenn Frauen beteiligt sind. Frauen und Mädchen sind stärker von der Landwirtschaft abhängig und vom Klimawandel betroffen und haben ein 14-mal höheres Risiko in Naturkatastrophen zu sterben als Männer.
Zukunft mit Feminismus
Doch zwischen Richtlinien, Resolutionen und der Realität ist eine Kluft. Laut Mittelhammer sei zu beobachten, dass Frauenorganisationen überall unterfinanziert sind, auch in Europa. Die politische Analystin sieht eine Bewegung, die sich derzeit gegen Feminismus formiere und demokratische Prinzipien aushöhle. Man müsse ein Narrativ finden, welches nicht nur dem Populismus entgegenwirke, sondern eine neue Perspektive auf die Zukunft biete. „Feministische Außenpolitik ist nicht etwas, das im Ausland stattfindet, sondern beginnt im eigenen Land“, unterstrich die Wissenschaftlerin Mirzaei.
Frauen werden im Iran und in Afghanistan nicht als gleichberechtigte Staatsbüger:innen anerkannt. Viele haben keinen Zugang zu Gesundheit. In Afghanistan können Mädchen keine weiterführenden Schulen besuchen. „Sprecht mit euren Politiker:innen, schreibt ihnen! Internationale Solidarität ist ein wichtiges Instrument,“ sagte Mosadiq. Denn wenn der Westen schweige, sei das auch eine Botschaft.
Dialog gefragt
„2022 hat das autoritäre Regime im Iran verbreitet, dass die landesweiten Proteste vom Ausland unterstützt wurden. Wenn der Westen sich dann in Gaza nicht zu Wort meldet, spielt das in die Hände des iranischen Regimes,“ so Mirzaei. Nur auf Sanktionen zu setzen sei zu wenig. Die Iraner:innen und die iranische Ölindustrie wissen damit umzugehen. Kappe der Westen die Verbindungen zum Iran, rücke dieser näher an China. Die Notwendigkeit in ehrlichen Dialog zu gehen ist groß, bestätigte Mittelhammer.
Laut Mirzaei gäbe es Möglichkeiten, mit Menschenrechtsgruppen zusammenzuarbeiten, ohne diese zu gefährden, etwa indem die Diaspora mit einbezogen wird, die Informationen zu den Gegebenheiten vor Ort hat. „Egal wie mächtig ein Regime ist, irgendwann verschwindet jedes autoritäre Regime. Aber wir werden nicht das Schweigen vergessen, von denen, die nur zugesehen haben,“ endete Mosadiq.
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