Schutzschilde benötigt

Von Richard Solder · · 2023/Nov-Dez
© Illustration: Thomas Kussin

Das FPÖ-Umfeld greift einzelne Personen wie die Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl an. Ein gefährliches, demokratiefeindliches Spiel mit dem Feuer.

Im Fadenkreuz: Anfang Oktober meldete sich Natascha Strobl mit einem Hilferuf: „In Österreich ist eine politische Kampagne gegen mich und andere Wissenschaftler:innen am Laufen. Die rechtsextreme FPÖ und ihr faschistisches Umfeld versuchen alle Stimmen einzuschüchtern, die sie beobachten und analysieren“, schrieb sie auf der Plattform X (vormals Twitter).

Strobl ist Politikwissenschaftlerin, ihre Schwerpunkte sind Rechtsextremismus, Faschismus, Neue Rechte und Identitäre. Das Südwind-Magazin interviewte sie in der Ausgabe 3-4/2022.

Ihre Analysen sind scharf, oftmals aufschlussreich – und sie finden Gehör. Strobl hat sich eine Öffentlichkeit aufgebaut, auf X fast 180.000 Follower:innen und laut eigenen Angaben weit über 100 Vorträge gemacht.

Das scheint einige zu stören: Strobl kommt immer wieder in rechter Propaganda als Zielscheibe vor, etwa in einem grässlichen Video der FPÖ-Jugend RFJ – hier gemeinsam mit den Journalisten Florian Klenk und Armin Wolf. Rechte Politiker:innen inszenieren sie – mithilfe verdrehter Fakten – als Gegnerin. Die FPÖ stellte eine parlamentarische Anfrage in Zusammenhang mit ihrer (öffentlich bekannten) Unterstützung von SP-Chef Andreas Babler, begleitet von einer Pressekonferenz.

Orchestriert. Der rechte Angriff auf Strobl ist Teil eines Rundumschlages, um Menschen, Journalist:innen und Expert:innen zu schwächen. Der Zeitpunkt ist dabei kein Zufall: Es geht darum, im Wahlkampf vor der Nationalratswahl 2024 möglichst wenig Gegenwind zu bekommen.

Das Vorgehen ist nicht nur demokratiepolitisch problematisch, sondern tatsächlich gefährlich für die Betroffenen: Es werden einzelne Menschen an den Pranger gestellt, ihnen dabei Unwahrheiten umgehängt und Menschen gegen sie aufgehetzt.

Falter-Chefredakteur Klenk, eben selbst im Fokus dieser Kampagne, warnte davor, dass physische Gewalt die direkte Folge davon sein könnte. Ganz abgesehen von dem psychischen Druck, der auf den Betroffenen lastet. Der ORF-Satiriker Peter Klien wurde Anfang Oktober mit Gewalt aus einer FPÖ-Veranstaltung geworfen.

Klenk, Klien und Wolf haben zumindest Unternehmen hinter sich, mit PR-Leuten, Rechtsanwält:innen – sie können sich wehren. Strobl aber, genauso wie weitere angegriffene freie Wissenschaftler:innen, kann sich nicht auf ein solches institutionelles Umfeld stützen.

Einst das Südwind-Magazin. Ähnliche Mittel, anderer Kontext: Es war 2016, als das Südwind-Magazin angegriffen wurde. Wegen eines Beitrages zum Thema Asyl wurde von der FPÖ eine parlamentarische Anfrage gestellt und das Thema dem Boulevard zugespielt. Bald darauf wurde eine öffentliche Förderung gestoppt, die wir jahrzehntelang erhalten hatten. Nach der Nationalratswahl 2017 koalierte Sebastian Kurz mit der FPÖ. Auch damals ging es darum, zum richtigen Zeitpunkt kritische Stimmen zu schwächen.

Als Zivilgesellschaft heißt es, darauf zu reagieren, denn da geht es nicht um Parteipolitik oder -präferenzen. Es geht schlichtweg um die Verteidigung der Demokratie – und den Schutz von Menschen. „Wehret den Anfängen“, sagt man oft. Aber: Sind wir nicht schon mitten drin?

Natascha Strobl kann man am besten durch Spenden unterstützen (Infos unter natsanalysen.at). Bleiben Sie uns treu und empfehlen Sie uns weiter – kritischer Journalismus wird auch 2024 dringend gebraucht werden.

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