edition suhrkamp. Frankfurt am Main 2008, 92 Seiten, € 7,80
Die schlechte Nachricht zuerst: Das schmale Bändchen ist kein durchkomponiertes Werk, sondern eine Zusammenstellung von Vorträgen, die der polnische Jahrhundertreporter zwischen 1990 und 2004 in Graz, Krakau und Wien gehalten hat. Thema ist „Der Andere“ – als Objekt „einer tiefen Neugierde für die Welt“, als Spiegel für die eigene Identität, als Beziehungspartner Europas, als Subjekt in einer globalisierten Welt.
Ein facettenreiches Thema in einer bewegten Zeit voller Umbrüche von einem schillernden Denker in unterschiedlichen Vortragssituationen aufbereitet, wird auf knapp 90 Seiten wiedergegeben: Wer sich einen kompakten philosophischen Essay erwartet, wird enttäuscht.
Die gute Nachricht: Das schmale Bändchen ist ein „echter Kapu´sci´nski“ – mit dessen präzisem und stets originellem Blick, kritisch und unvoreingenommen. Auch weil es von einem Denken zeugt, das von tiefer Humanität getragen ist, ist das Buch lesenswert, trotz aller Brüche und nicht unbedingt nachvollziehbarer Akzentsetzungen auf einzelne Denker.
Besonders aufschlussreich sind die Kapitel, die aus den „Wiener Vorlesungen“ hervorgegangen sind. Sie sind ein Schnelldurchlauf durch die Geschichte der Beziehungen Europas zu „den Anderen“ und das entsprechende begleitende Denken in Philosophie und Anthropologie.