Eine Initiative will die Bedeutung von Klimajournalismus in Österreich stärken. Fehlt nur noch die globale Perspektive.
Man mag die Methoden der Gruppe „Letzte Generation“ sinnvoll finden oder auch nicht – eines ihrer Ziele erreichen die Klimaaktivist:innen: Sie generieren Aufmerksamkeit. Zudem wird durch die medialen Debatten rund um die Aktionen offengelegt, wem die Umwelt ein Anliegen ist und wem nicht.
Wer Straßenblockaden in Zeiten der Klimakrise als ungeeignetes Mittel sieht, hat die Möglichkeit zu zeigen, wie man es im Sinne der Sache – also für den Klimaschutz – anders macht.
Oder man kann versuchen, politisches Kleingeld daraus zu schlagen und Website-Zugriffe zu generieren: Im Februar etwa nahm Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) eine Klima-Protestaktion zum Anlass, um an Autofahrer:innen Kipferl zu verteilen – als „Nervennahrung“.
Nur fand ein Puls-4-Journalist dann heraus, dass Plakolm an einer ganz anderen Stelle in der Wiener Innenstadt ihre Kipferl verteilte, und das auch nicht zur gleichen Zeit, zu der die Klima-Intervention stattfand.
Medien, u. a. Heute und Kurier, prüften das offensichtlich nicht, sie berichteten online und übernahmen den Spin der ÖVP. Ein Schelm, der denkt, Plakolm und die zwei Medienhäuser schielten auf Umfragewerte bzw. Klick-Raten. Wen interessiert da schon die Klimakrise?
Engagement. Die Realität vor Augen hat das Netzwerk Klimajournalismus: Die medienübergreifende ehrenamtliche Initiative besteht aus Vertreter:innen großer wie kleiner Redaktionen sowie freischaffenden Journalist:innen. Ziel ist es, in Sachen Berichterstattung zu vernetzen. Wie am besten über Klima-Bedrohungen berichten?
Helfen dabei soll ein Kodex. Dieser wurde in den vergangenen Monaten erarbeitet und soll von – möglichst vielen – österreichischen Journalist:innen und Medien unterschrieben werden. Auch das Südwind-Magazin nahm bei einer Session teil.
Betont wird im Kodex etwa, das die Klimakrise die „dringlichste Krise in diesem Jahrhundert“ ist und „höchste Priorität“ hat (Details: www.klimajournalismus.at).
Allerdings fehlt die globale Perspektive. Es wird nie Bezug genommen auf internationale Zusammenhänge, auf die Auswirkungen auf den Globalen Süden und die Verantwortung der Industrienationen im Norden.
Bei dem Treffen murmelten die engagierten Klimajournalist:innen aus großen Medien, dass sich manche ihrer Chefs eher schwer tun würden mit dem Blick über den eigenen Gartenzaun – und den Kodex womöglich nicht unterschreiben, wenn darin mehr Horizont eingefordert wird.
Kernaufgabe. Sollen Chefredakteur:innen größerer Medien mehr wie Klimaaktivist:innen werden? Die denken nämlich sehr global. Jedenfalls: Klimajournalismus muss globaler Journalismus sein.
Und der kann und soll dabei Haltung zeigen: Denn immer wieder taucht die Frage auf, ob Journalismus beim Klima Gefahr läuft, „zu politisch“ zu agieren. Aber die Faktenlage zu den klimatischen Veränderungen ist klar, der Klimawandel bittere Wirklichkeit. Und daher ist es schlicht die Aufgabe von Journalist:innen, umfassend darüber zu berichten.
Alles andere ist Kipferljournalismus.
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