Nach dem Putsch vom 30. September und der Machtübernahme durch Ibrahim Traore sollte im westafrikanischen Land alles besser werden. Wurden jetzt Wagner-Söldner zur Hilfe gerufen?
Eine Aussage von Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo im Dezember hat in ganz Westafrika für Diskussionen sowie diplomatische Verstimmungen gesorgt. Während eines Besuchs in den USA sagte er, es gebe eine Vereinbarung zwischen der burkinischen Übergangsregierung von Hauptmann Ibrahim Traore und Wagner, der paramilitärischen Gruppe aus Russland. Angeblich sollen Söldner des Kreml-nahen Unternehmens, die bereits in Mali und der Zentralafrikanischen Republik im Einsatz sind und denen mehrfach Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden, im Süden von Burkina Faso eine Mine schützen.
Burkina Faso hat Akufo-Addos Worte umgehend dementiert. Doch Beobachter:innen sehen den 21,9 Millionen Einwohner:innen zählende Staat in eine ähnliche Richtung gehen wie das Nachbarland Mali: Immer weiter weg von Europa, und immer näher an Russland. Islamisten verüben unterdessen weiterhin Anschläge, und vielerorts leidet die Bevölkerung unter der Gewalt.
Auf der Flucht vor Terrorgruppen
In Burkina Faso haben sich ab 2015 Terrorgruppen aus Mali ausgebreitet, die dem sogenannten Islamischen Staat und Al-Kaida nahe stehen. Sie kooperieren aber längst mit Islamistischen aus Burkina Faso. Während sie anfangs vor allem Polizeistationen und Kasernen im Norden angriffen, sind mittlerweile knapp zwei Millionen Menschen im eigenen Land vor ihnen auf der Flucht. Ganze Dörfer sind verlassen.
In dieser chaotischen Situation putschte das Militär vergangenes Jahr gleich zwei Mal: erst im Jänner. Doch als sich unter Offizier Paul-Henri Damiba die Lage weiter verschlechterte, kam es am 30. September zu einem erneuten Staatsstreich. Seitdem ist Ibrahim Traore an der Macht. Vor allem in den ersten Wochen erhielt der erst 35-Jährige Vorschusslorbeeren und wurde schon als neuer Held von Burkina Faso gehandelt.
Auf ihm lastet jedoch großer Druck, die Sicherheitslage muss dringend verbessert werden. Traore kündigte kurz nach der Machtübernahme an, 3.000 zusätzliche Soldat:innen sowie bis zu 35.000 Personen für Selbstverteidigungsmilizen zu rekrutieren. Diese sogenannten Verteidiger des Vaterlands (VDP) werden nach einer gerade einmal zweiwöchigen Ausbildung mit Gewehren ausgestattet und übernehmen Aufgaben der Polizei. Und sie verüben immer wieder Selbstjustiz. Aktuell wird den VDP vorgeworfen, in Nouna im Westen des Landes in der Silvester-Nacht 28 Personen ermordet zu haben. Traores Regierung kündigte eine Untersuchung an, ohne aber die VDP zu nennen.
Immer mehr Waffen aus Russland
Vergangenes Jahr war die vorherrschende politische Meinung im Land noch: Man wolle keine Zusammenarbeit mit Wagner-Söldnern, sondern nur Waffen von Russland kaufen. Knapp jede zweite nach Afrika eingeführte Waffe stammt nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI bereits von dort. Längst mehren sich nun jedoch die Gerüchte über die Wagner-Präsenz.
Vor Ort bleibt Kritik aus. Die scheinbar enger werdende Verbindung zu Russland ist auch ein Protest gegen die einstige Kolonialmacht Frankreich. Die mische sich, wie viele empfinden, bis heute zu sehr in die Innenpolitik der frankophonen Länder Afrikas ein.
Während des Putsches wurden die französische Botschaft sowie die Kulturinstitute in der Hauptstadt Ouagadougou und der zweitgrößten Stadt Bobo-Dioulasso angegriffen. Diese öffentliche Anfeindung ist neu in Westafrika.
Doch auch die Regierung kritisiert Europa mit einer bisher noch nie erlebten Deutlichkeit: Außenministerin Olivia Rouamba forderte im Dezember Frankreich auf, seinen Botschafter Luc Hallade abzuziehen. Die Repräsentantin der Vereinten Nationen, Barbara Manzi, wurde zur Persona non grata erklärt, weil sie angeblich mit Terroristen kooperiere.
In seinen bisherigen Reden hat Traore stets betont, Korruption bekämpfen, den Staat effizienter zu organisieren, aber vor allem die Sicherheit zurück bringen zu wollen. Davon ist bisher aber nichts zu spüren. Verschiedenen Medienberichten zufolge wurden Mitte Jänner in der Nähe der Stadt Arbinda im Norden bis zu 50 Frauen entführt. Wer und was dahinter steckt, ist bisher unklar. Für Burkina Faso ist das eine neue Dimension der Gewalt.
Katrin Gänsler lebt und arbeitet seit 2010 als Korrespondentin, Autorin und Reporterin in Westafrika.
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