Die 30-jährige Iona Michiemo kommentiert ihre persönlichen Erfahrungen in den USA und in Österreich.
Ich bin Schwarz, transfemme und queer. Meine Mutter ist Österreicherin, mein Vater Kenianer. Ich bin in New Jersey, also nahe New York, aufgewachsen und seit vier Jahren lebe ich in Wien. In den vergangenen Jahren habe ich sowohl in den USA als auch hier auf verschiedenen Online-Plattformen meine Erfahrungen gemacht. Generell würde ich sagen, dass die Menschen rund um New York viel diverser sind als hier, was die sexuelle Identität und Orientierung betrifft.
Keine Wahl. Gefühlt nehme ich hier auch eine stärkere Fetischisierung aufgrund der Hautfarbe oder Herkunft von Personen wahr. Vielleicht ist es eine Art von Exotismus?
Mich fragen einige nach meinem „afrikanischen Erbe“. Nachdem man beim Online-Daten ja vorwiegend aufgrund einer gewissen Sympathie miteinander in Kontakt tritt, gehe ich davon aus, dass diese Frage von vielen nicht aus böser Absicht, sondern eher aus Neugierde kommt. Als politischer Mensch ist mir beim Daten auch eine ähnliche Gesinnung wichtig, deswegen bin ich, auch online, vorwiegend mit Menschen in Kontakt, die sich als Linke verstehen. Und da fällt mir auf, dass diese in den USA sowohl im Hinblick auf LGBTIQ+-Themen als auch auf die Notwendigkeit rassismuskritischer Auseinandersetzung viel bewusster sind.
Ich als queere Schwarze Person kann es mir weder hier noch dort aussuchen, mich damit zu beschäftigen. Ich muss es machen, es ist Teil meines Lebens.
In Österreich habe ich aber das Gefühl, dass der Fokus vieler politischer weißer, nicht-queerer Aktivist:innen auf bestimmte Aspekte sozialer Gerechtigkeit beschränkt ist, etwa Klima oder Sozialleistungen. Es ist ein Privileg, wenn man es sich aussuchen kann, wofür oder wogegen man sich engagiert.
Empörte Reaktionen. Die Marginalisierung gewisser gesellschaftlicher Minderheiten wird hingegen von vielen als „normal“ angesehen. Denen scheint es gar nicht aufzufallen, wenn sie andere z. B. durch Äußerungen oder Fragen zur Herkunft oder Hautfarbe verletzen.
Sie reagieren mitunter empört, wenn ich ihnen das sage und erwidern, dass sie es sicher nicht rassistisch gemeint haben. Und dann erwarten sie, dass ich etwas sage, damit sie sich wieder wohl fühlen. Solche Auseinandersetzungen, die ich online wie offline führe, finde ich erschöpfend.
Früher habe ich viel impulsiver auf so ein Verhalten reagiert, heute versuche ich damit gelassener umzugehen, den in der jeweiligen Situation für mich gesündesten Weg zu finden.
Irgendwann normalisiert du vielleicht auch den Status quo und denkst dir, es ist wie es ist; das ist der Preis dafür hier, leben zu können.
Aber grundsätzlich habe ich das Gefühl, dass hier viele Menschen durch die Black Lives Matter-Bewegung sensibilisiert wurden und dass gerade die Jüngeren, also bis Mitte 20, auch hier schon anders sozialisiert wurden als Ältere. Vielleicht auch, weil sie – allen Algorithmen zum Trotz – durch diverse Online-Plattformen mehr Zugang zu Diversität haben und sie mehr in ihr Leben integrieren können. Zu wünschen wäre es!
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