Werbung zum Fürchten

Von Irmgard Kirchner · · 2008/11

Marktplatz

Gelegentlich taucht Irritierendes in der TV-Werbung, quasi am elektronischen Marktplatz, auf. Als Gelegenheits-Fern-Seherin möglicherweise wenig abgestumpft, rüttelte mich kürzlich ein überlang gefühlter Werbespot auf. Da wurde mit bunten Menschenbildern krypto-spirituell für eine Farbe geworben, sinngemäß mit Worten wie: „Ich bin alle, ich bin Du, ich bin das, was mich fördert und das was mich hemmt gleichermaßen.“ Kein schlechter Ansatz. Aber wofür? Die Neugier währte nur kurz. Die Botschaft, vor der es kein Entrinnen gab, wurde schließlich in knapp 2.000 TV- und Radiospots, über 300 Inseraten und etwa 4.000 Plakaten und Citylights (laut Nachrichtenagentur APA) verkündet: Es hat ein Merger stattgefunden! Die Firma Orange, Europas Marktführer und weltweit die Nummer drei unter den Mobilfunkanbietern, schluckt die Firma One, die Nummer drei im kleinen Österreich: das Blau von One wird zum Orange von Orange. In den ehemaligen One-Büros weht nach dem Auswechseln des oberen und mittleren Managements jetzt ein schärferer Wind, man pflegt einen formelleren Umgang miteinander.

Wenn Große Kleine fressen, wirkt die Vorstellung „Ich bin Du“ allerdings etwas unbehaglich. Ist da nicht der Wille zur kannibalistischen Einverleibung herauszuhören?
Orange, eine France-Telecom-Tochter, hat 170 Millionen KundInnen, 187.000 MitarbeiterInnen und erwirtschaftete 2007 in 26 Ländern auf allen fünf Kontinenten einen Umsatz von über 50 Mrd. Euro. Der orange Werbespruch „Für alle, die keine Grenzen kennen“ beruhigt dann auch nicht wirklich, im Gegenteil, er wirkt eher wie eine gefährliche Drohung.

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