Seit mehr als einem Jahr wird im Finanz- und Außenministerium an einem Plan gefeilt, wie die EU-geforderte Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit umgesetzt werden soll. Bis heute wurde kein Ergebnis veröffentlicht – die Budgetverhandlungen für 2009 sind aber mittlerweile angelaufen.
Ein Jahrzehnte altes Ziel schien im Jahr 2005 in Reichweite zu rücken: Die EU-Staaten verpflichteten sich, bis 2015 einen Anteil von 0,7% des Bruttonationaleinkommens (BNE) für offizielle Entwicklungszusammenarbeit (ODA) zur Verfügung zu stellen. Das ebenfalls vereinbarte Zwischenziel von mindestens 0,51% bis 2010 fand seinen Niederschlag im Österreichischen Regierungsprogramm. Nach Auslaufen der großen Entschuldungen ab 2009, die bisher Österreichs Quoten geschönt hatten, droht jedoch eine Lücke von bis zu 850 Millionen Euro, die es zu füllen gilt, um nicht wieder auf die letzten Ränge Europas zurückzufallen.
Nicht nur Nichtregierungsorganisationen, vor allem Partnerländer fordern langfristige verbindliche Planung und Verlässlichkeit der Entwicklungshilfeleistungen ein. Die EU hat in diesem Sinn ihre Mitgliedsstaaten zur Ausarbeitung von Stufenplänen bis Ende 2007 und zur Aufstockung der Mittel aufgefordert und im April 2008 noch einmal „mehrjährige und ambitionierte, aber auch realistische Zeitpläne“ dringend eingemahnt.
Seit dem Frühjahr 2007 arbeitet eine „ODA-Pfad-Arbeitsgruppe“ der Staatssekretäre Christoph Matznetter und Hans Winkler an einer Überprüfung der Anrechenbarkeit von Leistungen, geeigneten Modellen zur Erreichung der Ziele und Überlegungen über den sinnvollen Einsatz künftig erhöhter Finanzleistungen. Zur Anrechnung diverser Maßnahmen ergab sich erwartungsgemäß wenig Neues, ist doch Österreich ohnehin schon Spitzenreiter im Ausschöpfen aller Möglichkeiten. Die angestrebte Einbeziehung von Kosten aus dem Tschadeinsatz führte zu einem öffentlichen Aufschrei und wird doch – ebenso wie die neu errichtete Entwicklungsbank oder neue Finanzierungsquellen wie z.B. eine Flugticketabgabe – nur minimal zum Schließen der großen Lücke beitragen können. Daher geht es letztendlich um mehr Geld aus dem Budget.
Der für Herbst 2007 angekündigte Stufenplan hätte dafür wichtige Vorgaben machen können. Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen stellte Außenministerin Ursula Plassnik Ende März ein baldige Veröffentlichung in Aussicht, verwies aber ebenso wie der Finanzminister auf Finanzierungsentscheidungen im Rahmen der Budgetverhandlungen.
Im Außenamt sieht man sich dafür mit umfassenden Strategien vom Ausbau zielgerichteter thematischer Programme in Schwerpunktländern bis zur Anhebung der Beiträge für Internationale Organisationen gut gerüstet. Den Optimismus von Staatsekretär Winkler, dass Österreich das 0,51% Ziel erreichen wird, bremste Finanzminister Molterer in einem Trend-Interview Ende April: „Ich kann es für das Budget 2009/2010 nicht zusagen.“
Die Zivilgesellschaft reagiert alarmiert auf den Rückzieher der Regierung. Eben erst hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon angesichts der Nahrungsmittelkrise dringend an die Geberländer appelliert, ihre Zusagen einzuhalten und darüber hinaus auf die Krise zu reagieren.
Heimische Entwicklungsorganisationen verweisen auf eine Vielzahl von Projekten, die mangels öffentlicher Mittel nicht finanziert werden können. Sie fordern von der Regierung Solidarität und Handschlagqualität ein.
Dass der Stufenplan im Arbeitsprogramm der Regierung erstaunlicherweise auf Dezember 2008 verschoben wurde, macht den Budgetbeschluss im Herbst zum Test für Glaubwürdigkeit, Ambition und politischen Willen der Regierung.
Die Autorin ist Fachreferentin für Entwicklungsfinanzierung der KOO.