In Werbungen großer Kaufhausketten rückt das Einkaufen selbst ins Zentrum,
das Produkt wird beliebig und bedeutungslos
Unlängst, in einem österreichischen Supermarkt. An der Kassa wird mein Blick von einem großen, an die Wand drapierten Bilderstreifen angezogen. Zwei Frauen, blond, weiß, jung, schlank, die Köpfe lachend zusammengesteckt. Eine Frau und ein Mann – weiß, jung, schlank, etc. -, die sich über einen angedeuteten Einkaufswagen hinweg lächelnd küssen. Ein Paar Beine, die mit hohen Absätzen und Strumpfnaht einem angeschnittenen Einkaufswagen hinterher stöckeln. Und im letzten Bild zwei Frauen – weiß, jung, schlank, blond -, die lachend einen bis über den Rand vollen Einkaufswagen über den Asphalt schieben. Das heißt, eher wandern sie leichtfüßig dem sanft gleitenden Wagen hinterher, als dass sie sich mit Einsatz von Körperkraft gegen sein offensichtlich beträchtliches Gewicht stemmten.
Diese Werbung bringt einen Trend auf den Punkt, der sich auch in der Werbesprache anderer Einkaufsketten abzeichnet. Geworben wird nicht mehr für ein Produkt, sondern fürs Einkaufen selbst. Einkaufen ist sexy, Einkaufen macht Spaß, Einkaufen hält jung und schön, rufen die Bilder. Das Einkaufen läuft wie nebenbei mit, während frau sich mit Freundin trifft, verliebt turtelt, schick ausgeht. Was dabei im Einkaufswagen landet, ist beliebig und völlig egal. Man muss genau hinsehen, um bei den im Bild aufgehäuften Kartons und Dosen etwas von den Produkten wieder zu erkennen, die in den Regalen angeboten werden. Das erinnert fatal an ein Symptom Kaufsüchtiger, derer es in Österreich erschreckend viele gibt. Sie stapeln ihre Einkäufe ungeöffnet zuhause, packen sie nicht einmal mehr aus.
Es liegt mir fern, die Freude am Shoppen grundsätzlich zu verdammen. Es kann Spaß machen, durch eine belebte Einkaufsstraße zu schlendern, und tatsächlich kommt es dabei oft nicht so darauf an, ob wir etwas und was wir dabei erwerben. Ob kapitalismuskritisch oder nicht, wir sind gern begeistert von afrikanischen, lateinamerikanischen oder asiatischen Märkten. Ob in Kairo, La Paz, Mumbai oder Accra – der Markt gehört dazu, wie auch Märkte in Anthropologie und Soziologie, in Filmen und Literatur soziale Knotenpunkte sind, eine Verdichtung von Austausch und Interaktion. Aber wer hat jemals den sozialen und symbolischen Ort „Markt“ so ins Bild gesetzt, dass nur ein Idealbild des Kaufens darauf zu sehen ist, Waren und Verkauf aber in Unsichtbarkeit und Bedeutungslosigkeit verschwinden? In der jedes Zeichen, das noch irgendwie auf „Arbeit“ verweisen könnte, restlos getilgt ist?
Ein wichtiges entwicklungspolitisches Ziel ist es, Menschen und ihre Arbeit, die sich in den Produkten einer globalisierten Warenwelt materialisiert, sichtbar näher zu bringen. Was in der Werbesprache als Zelebrieren des sozialen Charakters von Shoppen erscheint – symbolisiert im Lachen der Freundinnen und im Kuss über den Warenkorb hinweg – ist tatsächlich ein Ausdruck völliger Entfremdung. Sie propagiert eine Beziehungslosigkeit, die weder Glück noch Spaß bedeutet, sondern ein sicherer Weg ins Unglück ist.