Rudolf Sarközi ist wohl der stärkste und ausdauerndste Motor innerhalb der Roma-
Bewegung in Österreich. Er ist auch außerhalb der Volksgruppe als steter Verfechter ihrer Anliegen anerkannt. Bis zu seiner Pensionierung Ende 2005 war er Bediensteter der Gemeinde Wien. Er ist SPÖ-Bezirksrat in Döbling. Als Geschäftsführer und jetziger Obmann des „Kulturvereins österreichischer Roma“ arbeitet er konsequent, aber auch konziliant für seine Volksgruppe. Für seine Arbeit wurde ihm 2002 der Professoren-Titel verliehen. Südwind-Mitarbeiterin Brigitte Pilz hat mit Rudolf Sarközi gesprochen.
Südwind: Sind Sie mit dem Erfolg Ihrer Arbeit für die Volksgruppe zufrieden?
Sarközi: Zufrieden kann man nie sein. Wenn ein Stillstand eintritt, dann stirbt man. Eine positive Errungenschaft ist sicher die Anerkennung der Roma als Volksgruppe 1993. Roman wird im Burgenland in der Schule gelehrt. Heute ist die Akzeptanz viel größer als sie nach dem Krieg war. Ich sehe jeden Schritt als Erfolg. Sicher, Ressentiments und Vorurteile wird es immer geben. Damit müssen wir leben.
Was sind die wichtigsten Aufgaben?
Der Kulturverein arbeitet schwerpunktmäßig an der NS-Vergangenheitsbewältigung. Wir arbeiten derzeit an dem Projekt der namentlichen Erfassung der österreichischen Roma-Holocaust-Opfer. Wir kommen auf cirka 9.000.
Als Opfer des Holocaust bekamen wir vom Restbetrag des Versöhnungsfonds 1,14 Millionen Euro. Wir finanzieren damit den RomBus und in weiterer Folge Stipendien. Ich habe bereits im Jahr 1995, nach dem Attentat von Oberwart, aus Spendengeldern einen Bildungsfonds gegründet, mit dem wir bisher recht erfolgreiche Unterstützung leisten konnten.
Was macht Ihre Identität als Rom aus?
Meine Identität ist die des Österreichers. Ich gehöre eben zur Volksgruppe der Roma. Der Unterschied zu anderen Minderheiten wie Kroaten oder Slowenen ist der, dass wir nie ein Mutterland hatten. Heute ist Österreich als demokratisches Land unsere Heimat. Ich bin nicht stolz, dass ich Rom bin, aber ich bin auch nicht unglücklich.
Welche Rolle spielt die eigene Sprache für die Roma?
In Europa leben an die 15 Millionen Roma. Eine gemeinsame Sprache finde ich sehr wichtig. Wichtig ist auch, dass sie verschriftlicht wird, dass es Bücher gibt, dass Radio und Fernsehen gemacht wird.
In Österreich soll es etwa 15 Roma-Vereine geben. Wieso diese Zersplitterung?
Zur Zeit ist ein kleiner Wildwuchs zu beobachten, ich kenne auch nicht alle. Es gibt ja auch Zuwanderer, die sich zusammenschließen. Die Hauptträger der Roma-Politik sind aber: im Burgenland der Verein Roma Oberwart, das Roma Service, die Roma-Volkshochschule; in Wien: das Romano Centro und der Kulturverein österreichischer Roma; in Linz: der Sinti-Verein Ketani. Sie vertreten im wesentlichen die Volksgruppe, wobei auch Zuwanderer in diesen Vereinen Aufnahme gefunden haben. Die großen Vereine haben keine Probleme miteinander. Natürlich gibt es auch eine gewisse Konkurrenz um die Fördermittel.
Gibt es ein politisches Programm der Roma in Österreich?
Leider nein. Es genügt nicht, Rom zu sein. Wenn es zum Beispiel um politische Fragen geht, höre ich von den Vereinen öfter: Mich interessiert die Politik nicht. Das kann ich nicht akzeptieren. Ich finde, wir Roma sollten uns engagieren, das kann in den verschiedenen politischen Parteien des Landes geschehen.
Auf europäischer Ebene ist es mein Bestreben, einen EU-Kommissar für Minderheiten zu bekommen, und da lasse ich nicht nach. Besonders in Osteuropa ist die soziale Lage katastrophal. Da sind natürlich die nationalen Regierungen gefordert, aber auch die EU. Neben der Bildung müssen Arbeitsplätze geschaffen werden. Man muss auch Leute motivieren, dorthin zu ziehen, wo es Arbeit gibt. Viele von uns sind wie ich nach Wien gegangen. Es kommt also auch auf die Roma an. Die Bemühungen können keine Einbahnstraße sein.
Danke für das Gespräch.