Wissen ohne Weisheit beschleunigt nur die ungleiche Verteilung zwischen reich und arm.“ Pingali Rajeswari stellt die von ihr mitgegründete Initiative „Computer auf Rädern“ (COW) vor, die im indischen Bundesstaat Andhra Pradesh die Kluft zwischen hoch technologisierter Informationsgesellschaft und ländlicher Bevölkerung ein Stück weit zu verringern versucht.
Frei nach dem Motto: „Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, …“ wartet COW nicht, bis die betreuten Dörfer an Stromversorgung oder ein digitales Netz angeschlossen werden. Stattdessen bringt die nichtstaatliche Organisation Internet und Telefon in die Dörfer. Mit Digicam, Mobiltelefon, Laptop und Miniprinter ausgestattet – alles in einer Kiste am Rücksitz eines Mopeds verstaut – fahren MitarbeiterInnen die Dörfer ab. Dort können sich Interessierte die Websites ansehen, die der fahrende Bote zuvor herunter geladen hat, und Marktpreise für ihre Produkte abfragen, Nachrichten aus der Region lesen oder offizielle Formulare ausdrucken.
Der Computer auf Rädern ist eines von mehreren Fallbeispielen aus Israel, Simbabwe, Sierra Leone und Indien, die bei einer vom Wiener Institut für Entwicklungsfragen und Zusammenarbeit (VIDC) organisierten internationalen Tagung im vergangenen Oktober präsentiert wurden. Ihr Ziel war es, die Bedeutung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKTs) für ländliche Entwicklung im Süden anhand von Einzelprojekten zu erörtern. Im November 2005 tagt in Tunis zum zweiten Mal der UN-Weltgipfel der Informationsgesellschaft (WSIS), wo vorrangig Regierungen und internationale Unternehmen ihre Strategien beim Ausbau von IKTs verhandeln. Die Tagung „Globale Partnerschaft in ländlicher Entwicklung: Förderung von IKTs und Gender“ sollte entwicklungspolitische Inputs für die österreichische Delegation liefern. Besonderes Augenmerk lag auf der Frage, wie der Einsatz moderner Technologien zur Gleichstellung der Geschlechter und Ermächtigung von Frauen beitragen kann (MDG 3). Katerina Fialova führte dazu einen von der internationalen Vereinigung für fortschrittliche Kommunikation (APC) erarbeiteten Methodenkatalog zur Evaluierung der Genderperspektive in IKT-Projekten vor*.
Alle Teilnehmenden stimmten überein, dass IKTs wertvolle Hilfsmittel für die Armutsbekämpfung im Sinne der MDGs sind. Doch gibt es dafür keine universelle „best practice“. Man müsse, betonte Rajeswari, jeweils vor Ort herausfinden, was die potentiellen NutzerInnen brauchen und welches Wissen sie selbst in den Aufbau eines modernen Informations-Netzwerkes einbringen. Einig ist man sich auch, dass IKTs diese Aufgaben nicht automatisch erfüllen. Wichtig ist die Politik dahinter, mit der sie zum Einsatz kommen. Zugang – ganz gleich zu welchen Ressourcen und Technologien – allein hat noch nichts mit Selbst-Ermächtigung zu tun, wie die sambische Frauenrechtsaktivistin Sara Longwe überzeugend argumentierte. Entscheidend sind Bewusstsein und Mobilisierung, wie sie nur eine unterstützende politische Bewegung erreichen kann.
Und wie steht es um globale Partnerschaften, also die Verbindung von IKT-Riesen wie Alcatel, Microsoft und anderen mit zivilgesellschaftlicher Entwicklungszusammenarbeit? „Globale Partnerschaften sind in weiter Ferne“, schätzt Veranstalterin Swanhild Montoya vom VIDC die Lage ein, „nicht-staatliche Organisationen sind bestenfalls Impulsgeber“.
*) Download:
www.apcwomen.org/gem/